Wohnungslosenhilfe in FürstenfeldbruckObdach für sieben Nächte im Monat

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Letzter Anker für immer mehr Menschen: Die Obdachlosenunterkunft und Beratungsstelle Kap der Caritas in Fürstenfeldbruck.
Letzter Anker für immer mehr Menschen: Die Obdachlosenunterkunft und Beratungsstelle Kap der Caritas in Fürstenfeldbruck. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Obdachlosenunterkunft Kap, die die Caritas mit Beratungsstelle in einem ehemaligen Hotel in Fürstenfeldbruck betreibt, fängt Menschen auf, die nicht mehr wissen, wohin. Dazu gehören immer mehr Männer und Frauen, die auf dem Wohnungsmarkt scheitern.

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Kaum jemand kann oder möchte sich vorstellen, plötzlich auf der Straße zu stehen und keine Bleibe mehr zu haben. Und doch ist dies nicht selten auch für Menschen im Landkreis bittere Realität. Für die Sozialpädagogin Lisa Weiss und ihre Mitarbeiter in der Obdachlosenhilfe „Kap – Beratungsstelle und Unterkunft“ im ehemaligen Hotel Hasenheide in Fürstenfeldbruck sind solche Schicksale „Tagesgeschäft“. Allein im vergangenen Jahr ermöglichte die Einrichtung 182 Personen insgesamt 1395 Übernachtungen.

„Wir sind eine Notschlafstelle für obdachlose volljährige Menschen. Sie können hier sieben Nächte im Monat übernachten und wir unterstützen sie auch bei der Suche nach einer langfristigen Unterkunft“, erklärte die Leiterin anlässlich der Feiern zum 30-jährigen Bestehen. „Neben unserer Übernachtungsmöglichkeit gibt es noch eine Wärmestube, die sogenannte Teestube. Dies ist ein Aufenthaltshort, an dem sie ab und zu ein Mittagessen bekommen und Kontakte knüpfen können.“

Die Abkürzung „Kap“ ist von der Kapuzinerstraße abgeleitet, in der die Caritas 1995 ihre erste Einrichtung eröffnet hat. Seit 2019 befindet sich die Einrichtung in der Hasenheide. Dort stehen fünf Zimmer mit je acht Schlafplätzen sowie weitere fünf Notbetten zur Verfügung. In jedem Zimmer befindet sich ein Bad und es gibt die Möglichkeit, Wäsche zu waschen. Im Kap sind insgesamt acht Mitarbeiter beschäftigt, Fachkräfte und Verwaltungsleute, die sich Tag-, Nacht- und Wochenendschichten teilen. Seit 15. September unterstützt die Praktikantin Sophie Bollinger die Leiterin.

„Besonders wichtig sind aber die gut ein Dutzend ehrenamtlichen Helfer, denn ohne die könnten wir zum Beispiel weder Mittagessen anbieten, noch die Tee- und Wärmestube betreiben“, sagt Lisa Weiss. Zentrale Aufgabe der Festangestellten sei es neben der Zuweisung von Schlafplätzen, die Betroffenen zu beraten und an Behörden, andere Sozialeinrichtungen oder Fachdienste zu vermitteln. So sei es im Vorjahr gelungen, 40 Menschen eine neue Bleibe zu besorgen oder sie in einer Sozialeinrichtung unterzubringen. „Wir wollen den in Wohnungsnot geratenen Menschen nicht nur zu einem Dach über dem Kopf verhelfen, sondern sie auffangen, stärken und zuversichtlich machen“, sagt Weiss. Das Kap leiste im Wesentlichen Vernetzungsarbeit.

Sie helfen Menschen, die in Not geraten sind (von links): Praktikantin Sophie Blochinger und Einrichtungsleiterin Lisa Weiss.
Sie helfen Menschen, die in Not geraten sind (von links): Praktikantin Sophie Blochinger und Einrichtungsleiterin Lisa Weiss. (Foto: Manfred Amann)

Wenn von Obdachlosen die Rede sei, dächten die meisten an verwahrloste Streuner, die den ganzen Tag herumlungern und sich mit Alkohol oder Drogen zudröhnen. „Die gibt es auch, aber die Realität ist eine andere“, erzählt Sophie Blochinger. In den wenigen Wochen seit Beginn des Praktikums habe sie etliche Menschen kennengelernt, denen niemand ansieht, dass sie nicht wissen, wo sie die Nacht verbringen sollen. Gut gekleidete Männer klopften immer häufiger an die Tür, auch wenige Frauen, die sich vom Partner getrennt haben und nicht wissen, wohin. Oder Rentner, die sich die Miete nicht mehr leisten können oder denen die Besitzer wegen Eigenbedarf gekündigt hätten.

Andere wiederum könnten sich ihre Wohnung nicht mehr leisten, weil sie krankheitsbedingt ihre Arbeit verloren hätten. „Viele schämen sich deswegen und müssen erst einmal beruhigt und stabilisiert werden“, weiß Leiterin Lisa Weiss. Gelegentlich sprächen auch junge Frauen unter 18 Jahren vor, die von ihren Pflegeeltern auf die Straße gesetzt wurden, weil sie schwanger sind, oder weil sie es zu Hause einfach nicht mehr aushielten. „Wir merken mittlerweile deutlich, dass Wohnraum selbst für Normalverdiener unbezahlbar wird“, schreibt die Leiterin im Jahresbericht 2024, und dass mit einer Zunahme der Obdachlosigkeit zu rechnen sei.

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Obwohl Lisa Weiss für die vielseitige Unterstützung der Kap-Arbeit sehr dankbar ist, wie sie sagt, wünscht sie sich weiterhin Spenden: Nicht nur Geld, sondern auch Gebrauchsgegenstände wie Isomatten oder Schlafsäcke könnte die Einrichtung gebrauchen, und noch mehr Ehrenamtliche. „Mein größter Wunsch aber ist, dass wir eine Hauswirtschafterin bekommen“, verrät Weiss. „Dann könnten wir unsere Betreuung umfassender gestalten und zum Beispiel öfter warmes Essen zur Verfügung stellen.“

Geldspenden an IBAN DE30 7002 0500 8850 0007 08. Wichtig ist der Verwendungszweck: 416148

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