Süddeutsche Zeitung

Öffentlicher Nahverkehr:Die Sonntagsfahrer

Während der Laufzeit des Neun-Euro-Tickets haben mehr Menschen im Landkreis Fürstenfeldbruck die Busse genutzt - vor allem an den Wochenenden.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Wie geht es weiter mit einem Nachfolger für das Neun-Euro-Ticket? Darüber haben die Lokalpolitiker aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck nicht zu bestimmen. Wohl aber darüber, welches Angebot im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sie den Landkreisbürgern zur Verfügung stellen.

Der Busverkehr im Kreis Fürstenfeldbruck gilt als vorbildlich. Corona und die Maßnahmen haben dem System deutliche Schrammen zugefügt, ein Übriges tat zuletzt die Insolvenz des Fürstenfeldbrucker Busunternehmens Enders, das 15 MVV-Regionalbuslinien bedient hatte. Die Nachfolge konnte geregelt werden, noch aber sind nicht überall die vollen Fahrpläne eingestellt, weil zu allem Überfluss in der Branche bundesweit auch noch die Busfahrer rar geworden sind.

Dennoch sind zu der Zeit, als es das Neun-Euro-Ticket gab, mehr Menschen im Landkreis mit den Bussen gefahren. Die Ergebnisse der Zählung wurden jetzt dem Kreistagsausschuss für Energie, Umwelt und Planung ausgereicht. Von "signifikanten Fahrgaststeigerungen" im Landkreis ist in dem Fazit die Rede, sowohl in den Bussen als auch in den Ruftaxis. Vor allem an Wochenenden nutzten die Menschen den ÖPNV. An Sonntagen war der Anstieg in den Monaten Juni und Juli - für August liegen noch keine abschließenden Daten vor - mit fast 32 Prozent am stärksten. Fast 22 Prozent mehr Fahrgäste gab es samstags. An durchschnittlichen Schultagen stieg das von der Stabstelle ÖPNV im Landratsamt berechnete Fahrgastaufkommen zwischen Mai und Juli um mehr als zehn Prozent, an Ferientagen um mehr als 17 Prozent. Im Juni nutzten so viele ein Ruftaxi wie seit Januar 2020 nicht mehr.

Günstige Schnupperangebote sind eine gute Gelegenheit, neue Fahrgäste zu werben

Die neuen oder nach der Corona-Zeit wiedergewonnenen Kunden, aber auch solche, die ansonsten überwiegend mit dem eigenen Auto unterwegs sind, würden "üblicherweise das vorhandene ÖPNV-Angebot eher in der Freizeit ausprobieren als im Alltagsgeschäft mit seinen gewohnten und zum Teil minutiös durchgeplanten Routinen", heißt es erklärend aus dem Landratsamt. Daraus aber dürfe nicht der Schluss gezogen werden, dass es keine Umsteiger vom eigenen Auto hin zum ÖPNV gebe. Günstige Schnupperangebote wie das Neun-Euro-Ticket sind dem Fachressort im Landratsamt zufolge "eine ideale Gelegenheit, potenzielle Fahrgäste von einem attraktiven ÖPNV-Angebot zu überzeugen". Ähnlich würden auch Anbieter anderer Produkte verfahren, etwa Streamingdienste, Zeitungsverlage oder Telefondienstleister. Die Ergebnisse einer Marktforschungsstudie, wonach das Neun-Euro-Ticket vorwiegend zu Fahrtenverlagerungen innerhalb des sogenannten Umweltverbundes (Bus, Bahn, Rad, zu Fuß) geführt habe und nicht zum Umstieg vom Auto auf den ÖPNV, gehen laut Landratsamt auf eine ungenaue Fragestellung zurück.

Die genauen Daten in den MVV-Regionalbuslinien konnten erhoben werden, weil viele von ihnen bereits mit automatischen Fahrgastzählsystemen ausgestattet sind. Schon 2018 hatte der Kreistag beschlossen, bei künftigen Ausschreibungen der Linien solche Systeme für die eingesetzten Fahrzeuge einzufordern.

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