Neujahrsempfang der Frauen-Union:"Die könnte Kanzlerin"

Neujahrsempfang Frauen-Union FFB im Bürgerhaus Emmering

Gute Gastgeberin: FU-Vorsitzende Gabriele Off-Nesselhauf (links) schenkt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen einen Kimono.

(Foto: oh)

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen redet beim Neujahrsempfang der Frauen-Union über politische Krisen, den Umbau der Bundeswehr und Frauen in Führungspositionen. Die Gäste sind begeistert.

Von Heike A. Batzer, Emmering

Der Terminplan lässt nicht mehr zu. Fürstenfeldbrucker Fliegerhorst wäre naheliegend gewesen, aber die Verteidigungsministerin kommt zu den Frauen. Was auch irgendwie naheliegend ist. Frauenministerin war Ursula von der Leyen ja auch schon. Radikale Ideen für dieses Land hatte sie in dieser Funktion eingebracht, mehr Kinderbetreuung für die ganz Kleinen und so was. Nicht alle Frauen in CDU/CSU teilen solcherart Gedankengut, in Emmering aber, beim Neujahrsempfang der Frauen-Union (FU) aus dem Landkreis, fliegen ihr die Herzen zu. "Es ist so eine Freude", sagt Gabriele Off-Nesselhauf, die Vorsitzende, bei der Begrüßung des Politstars und sofort setzt spontaner Applaus ein, obwohl Off-Nesselhauf doch darum gebeten hatte, erst dann zu klatschen, wenn die gesamte Gästeliste verlesen ist.

Mehr als 200 Besucherinnen und Besucher waren am Mittwochabend zum Blitzbesuch der CDU-Verteidigungsministerin ins Emmeringer Bürgerhaus gekommen - darunter auch Martin Eberl von der SPD, dem Gabriele Off-Nesselhauf, seine Kollegin aus dem Bezirkstag, einen Platz in der ersten Reihe reservierte, und auch - als Hausherr sozusagen - Emmerings Bürgermeister Michael Schanderl (Freie Wähler). "Von den Werten her", die von der Leyens Rede vermittelt habe, habe ihm das gut gefallen, wird er hinterher am reichlich gedeckten Buffet sagen.

Frauenunion

Die Gäste genießen die Rede der Politikerin und das Buffet.

(Foto: Günther Reger)

Ursula von der Leyen ist ein Vollprofi. Die zierliche Frau steht hinter dem Rednerpult und lächelt fortwährend ihr gütig-freundliches Ursula-von-der-Leyen-Lächeln. Manchmal breitet sie beide Arme aus, so als wolle sie ihren Worten umfassende Bedeutung verleihen. Sie weiß, wie man das Publikum sofort für sich einnimmt. "Das war ganz Klasse", sagt sie gleich zu Beginn über das ausschließlich aus jungen Frauen bestehende Vokalensemble Stimmband, das den Abend musikalisch eröffnet. Und: "Ich werde meinen Töchtern davon erzählen." Alle fünf hätten früher im Mädchenchor Hannover gesungen.

Dann wird es politisch. Spontan greift von der Leyen die Gedanken von Gabriele Off-Nesselhauf auf, die vorher betont hatte, dass "wir es uns nicht leisten können, wenn Frauen erst dran kommen, wenn der Vorrat an Männern aufgebraucht ist". Einer der "Karrierekiller", antwortet von der Leyen, sei, dass Vorgesetzte bei Beurteilungen Männern einfach mehr zutrauten. Die Frage "Kann die das?" hatte natürlich auch ihre Berufung zur ersten Bundesverteidigungsministerin begleitet. Als sie daraufhin auch noch eine Rüstungsstaatssekretärin berufen habe, sei die Skepsis weiter gewachsen: "Zwei Frauen an der Spitze?"

Probleme mit Frauen in Führung aber hätte eher "die Umgebung", die Bundeswehr indes hat ihre neue Chefin nach deren Worten "ganz unkompliziert aufgenommen". Doch auch dort hat sich Ursula von der Leyen längst an die Arbeit gemacht. Im Sanitätswesen der Bundeswehr werde eine Quotierung eingeführt, kündigt sie an, weil auch dort Frauen in Führungspositionen fehlten. Und dass es für Soldatinnen und Soldaten nun auch Kinderbetreuung, soziale Absicherung und ein modernes Arbeitszeitrecht geben soll, habe auch damit zu tun, "dass wir die Soldaten genauso gut behandeln müssen wie alle anderen". Beifall aus dem Publikum.

Den Verlust des Standortes Fursty, den Off-Nesselhauf zu Anfang bedauert hatte, nennt die Ministerin "schmerzhaft, aber einen Tribut an die Neuausrichtung der Bundeswehr". Sie thematisiert den Ukraine-Russland-Konflikt und nennt die Annexion der Krim einen "Völkerrechtsbruch" und den "Versuch, die Machtpolitik des vergangenen Jahrhunderts wieder einzuführen". Die 28 heterogenen Staaten Europas, die oft als "langsam, schwerfällig, dekadent, umständlich und nie einer Meinung" wahrgenommen würden, hätten sich in diesem Zusammenhang jedoch daran erinnert, "für welche Werte wir einstehen". Deshalb sei sie "stolz auf dieses alte Europa".

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Mehr als 200 Besucherinnen und Besucher waren am Mittwochabend zum Blitzbesuch der CDU-Verteidigungsministerin ins Emmeringer Bürgerhaus gekommen

(Foto: Günther Reger)

Die deutschen Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verteidigt die Ministerin: "Wir haben zwar keine hundertprozentige Garantie, dass das gut geht. Aber Nichthandeln kann genauso schuldig machen." Hierzulande allerdings "wird das offen diskutiert und jeder kann seine Meinung äußern. Deswegen habe ich kein Verständnis für die Pegida-Organisatoren." Als Bundeskanzlerin Angela Merkel in Griechenland mit Hitler-Bärtchen karikiert worden sei, habe man sich zwar geärgert, aber "eine freie Gesellschaft muss das aushalten können und diese Freiheit müssen wir verteidigen." Beifall aus dem Publikum.

Am Ende ihrer dreiviertelstündigen Rede ist Landrat Thomas Karmasin (CSU) dran: Er darf der Verteidigungsministerin einen großen Blumenstrauß überreichen. Ursula von der Leyen bleibt dann mitsamt Blumen im Arm noch ein wenig vor der Menge stehen und nimmt die Huldigungen in Form eines langen Applauses entgegen. Mit Blumen allein lassen sie die Unions-Frauen aber nicht gehen. Einen Kimono überreichen sie ihr noch, exakt auf von der Leyens Größe geschneidert von FU-Mitglied Rosi Selbeck-Räber, aus Stoffen in sieben verschiedenen Rottönen - für sieben FU-Ortsverbände im Landkreis. Ursula von der Leyen weiß sofort, was das Volk wünscht: Sie blickt kokett über ihre Schulter, legt die Jacke ihres Hosenanzugs ab und streift das neue Kleidungsstück über. "Die könnte Bundeskanzlerin oder Bundespräsidentin werden", wird Annemarie Fischer, Gleichstellungsbeauftragte im Landratsamt, hinterher schwärmen. Ursula von der Leyen war da schon auf dem Weg zum Weltwirtschaftsforum in Davos. Sie hat das nicht mehr gehört. Aber vermutlich weiß sie das schon.

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