Süddeutsche Zeitung

Neue Serie: Kommunalwahl in... (1):Einigkeit macht Germering

Die Politiker der größten Stadt im Landkreis setzen auf Konsens. So ist es gelungen, trotz eines Sparkurses Schulen zu sanieren und die Kinderbetreuung auszubauen.

Von Andreas Ostermeier

Die Germeringer Kommunalpolitik der vergangenen sechs Jahre war geprägt von einer unsicheren Haushaltslage. Mehrere Jahre lang hatte das Landratsamt einen kritischen Blick auf die Etatzahlen, Germering musste sparen. Das fällt in einer Stadt schwer, die ihren Einwohnern zahlreiche Freizeitstätten zur Verfügung stellt und für Kinder und Jugendliche sämtliche Schultypen anbietet. Dieses vielfältige Angebot zwang Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) und die Stadträte zu allerlei Anstrengungen und Rechenkünsten, denn die Kette notwendiger Sanierungen riss nicht ab. So verschlang die Erneuerung von Schulgebäuden Jahr für Jahr Hunderttausende von Euro. Am schwersten aber wog die mehrmonatige Schließung der Stadthalle, weil die Decke als einsturzgefährdet bemängelt wurde. Fast zwei Jahre dauerten die Sanierungsarbeiten, als dann auch noch die Glasbrüstungen der Treppen ausgewechselt werden mussten, weil sie nicht bruchsicher waren, ließen die politisch Verantwortlichen in den Sitzungen den einen oder anderen Stoßseufzer hören.

Außerdem gab es Projekte aufzuarbeiten, die schon lange diskutiert worden waren, so die Verlegung der Bahnstromleitung an den Stadtrand. Nach längeren Diskussionen mit der Stadt München und der Bahn gelang es, Strommasten und Kabel aus der Innenstadt herauszubringen. Zwei Millionen Euro kostete dies die Stadt. Weil die Verlegung aus Sicht der Bahn nicht notwendig war, musste Germering die Arbeiten bezahlen. Weniger Geld, aber noch längere Diskussionen benötigte die Umgestaltung des Kleinen Stachus. Mittlerweile ist auch dieses Thema erledigt - noch in diesem Jahr soll mit den Bauarbeiten begonnen werden.

Geschafft haben die Germeringer Stadtpolitiker all die Aufgaben, weil sie einen sehr konsensualen Stil pflegen. So existieren im Stadtrat keine Gräben zwischen Parteien und Gruppierungen, auch persönliche Animositäten, wie sie anderswo vorkommen, gibt es nicht. Die CSU setzt sich ebenso für Radlstraßen ein, wie die Grünen eine maßvolle Nachverdichtung in der Stadt mit knapp 40 000 Einwohnern befürworten. Und das Soziale ist sowieso das große Thema sämtlicher Parteien und Gruppierungen. Der weitgehende Konsens zwischen den Stadtpolitikern trug auch viel dazu bei, dass die finanziellen Schwierigkeiten, die in Folge der Wirtschafts- und Währungskrise entstanden, rasch bewältigt werden konnten. Hinter verschlossenen Türen wurde hart um die notwendigen Einsparungen gerungen, das Ergebnis vertraten alle Fraktionen, Schuldzuweisungen gab es nicht. Nur ein einziges Mal kam es zu einer Verstimmung. CSU-Stadtrat und Sozialreferent Herbert Sedlmeier stellte Anfang 2012 den Antrag, den Mietspiegel wieder einzuführen. Das Verzeichnis war den Konsolidierungsbeschlüssen zum Opfer gefallen. Sedlmeier hatte den Antrag nicht mit der SPD abgesprochen. Prompt fühlten sich die Sozialdemokraten hintergangen und protestierten gegen den Alleingang des Sozialreferenten. Die Zustimmung zu seinem Antrag freilich fiel einhellig aus.

Viele Diskussionen und hohe Kosten werden auch die kommenden sechs Jahre im Stadtrat prägen. Denn die Sanierung von Schulen und Freizeitstätten wird weitergehen. Zudem steigen gerade in einer Stadt wie Germering auch die Anforderungen an die Kinderbetreuung. Egal ob Krippen oder Kindergärten, Eltern verlangen nach immer mehr und immer längeren Betreuungsangeboten. Momentan hat die Stadt für jedes Mädchen und jeden Buben im Alter zwischen drei und sechs Jahren einen Kindergartenplatz. Was die Betreuung der Kleinkinder anlangt, einen Krippenplatz gibt es derzeit für zwei von fünf Kindern. Doch Germering wächst weiter - wenn auch in einer mäßigeren Geschwindigkeit als in den zurückliegenden Jahrzehnten.

Großes Thema ist die Umsetzung der Pläne für die Innenstadt. Als nächstes geht es wohl um den Vorplatz der Stadthalle. Der soll nach Vorschlag der Planerinnen Manuela Skorka und Martina Schneider mit einem Gebäude versehen werden, um das Stadtzentrum urbaner wirken zu lassen. Die Entscheidung über eine neue Gestaltung wird nicht einfach werden. Nicht nur unter den Stadträten sind die Meinungen zum Vorschlag der Planerinnen unterschiedlich. Auch spielt das Votum eines Bürgerentscheids immer noch eine Rolle. Vor sechs Jahren haben sich die Germeringer gegen die Bebauung mit einem Hotelturm an dieser Stelle ausgesprochen. Der politische Konsens steht also vor weiteren Bewährungsproben.

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Quelle:
SZ vom 17.02.2014
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