Neu im Bücherregal:Zeichen der Wertschätzung

Neu im Bücherregal: Lena Christiansen von der Stadtbibliothek Germering mit einem der neuen arabischsprachigen Bücher.

Lena Christiansen von der Stadtbibliothek Germering mit einem der neuen arabischsprachigen Bücher.

(Foto: Voxbrunner Carmen)

Die Stadtbibliothek Germering hat nun auch 40 arabischsprachige Romane im Angebot. Insgesamt kann man dort etwa 67 000 analoge und elektronische Medien in mehr als 20 Sprachen ausleihen

Von Isolde Ruhdorfer, Germering

Striche, Kringel, Punkte. was das bedeuten soll, erkennt man nicht. "Man kommt sich vor wie ein Analphabet", sagt Lena Christiansen. Sie ist Bibliothekarin in der Stadtbibliothek Germering, zuständig für die interkulturelle Bibliotheksarbeit und nun auch für die 40 arabischen Romane, die im Regal stehen. Noch belegen sie lediglich ein halbes Regalbrett, doch es sollen mehr dazukommen.

Genau 1194 Romane für Erwachsene in sieben Fremdsprachen hatte die Stadtbibliothek im Jahr 2017. Anfang August wurde der Bestand um 40 arabischsprachige Romane erweitert, 50 weitere werden im Laufe des Jahres angeschafft. Davon profitieren die rund 600 Arabisch sprechenden Menschen in Germering.

Unter den Exemplaren sind Klassiker wie der Kleine Prinz oder Werke des Literaturnobelpreisträgers Nagib Mahfuz. Bei der Auswahl hilft die ehrenamtliche Mitarbeiterin Sundus Jati. Sie stammt aus dem Irak und war schon dort als Bibliothekarin tätig. Einige der Bücher sind zweisprachig, Arabisch und Deutsch.

Ein paar Bücher erkenne sie am Cover, sagt Christiansen, beispielsweise den Kleinen Prinzen. Sie zeigt das Cover mit der weltbekannten Zeichnung des Jungen, der auf seinem kleinen Planeten steht. Ansonsten ist sie auf die Signatur angewiesen. Auf den Buchrücken stehen die deutschen Kürzel der Autoren. Dann werden sie, sorgfältig nach Alphabet sortiert, von links nach rechts aufgereiht. In einer arabischen Bibliothek wären sie genau anders herum geordnet, denn Arabisch schreibt man von rechts nach links. Dort begänne man auf der rechen Regalseite mit dem Buchstaben Allif. Ein weiterer auffälliger Unterschied: Das Cover befindet sich auf der vermeintlichen Rückseite. Ein arabisches Buch liest man also, aus der Perspektive der lateinischen Schrift, von hinten nach vorne. Die neu angeschafften Romane sind nicht das einzige Angebot für Leser, die andere Sprachen verstehen. Christiansen, die 30 Prozent ihrer Arbeitszeit auf die interkulturelle Bibliotheksarbeit verwendet, betreut auch das Projekt "Willkommen in Deutschland". Im obersten Stockwerk, zwischen "Sprache" und "Medien und Information" befindet sich das 226 Medien umfassende Regal. Hier gibt es alles, was jemand in seiner Anfangszeit in Deutschland braucht: Bildwörterbücher, Übungshefte, mit denen man sich auf den Einbürgerungstest vorbereiten kann und Wörterbücher in besonderen Sprachen wie Somali oder Tigrinya, das in Eritrea gesprochen wird. Es gibt sogar Bildbände, die mit hübschen Bergfotos deutsche Kultur vermitteln sollen. Flüchtlinge, Asylbewerber und ehrenamtliche Asylhelfer erhalten einen kostenlosen Bibliotheksausweis. Davon wurden bisher 112 ausgestellt.

Für Sprachkursgruppen und Übergangsklassen gibt Christiansen Führungen durch die Stadtbibliothek. Sie erklärt, wie die Ausleihe funktioniert, wie viele Medien man mitnehmen darf und sie übt Vokabeln, die in einer Bücherei wichtig sind. "Zeitschrift ist zum Beispiel sehr schwierig auszusprechen", sagt Christiansen. Während der Führungen kam häufig der Wunsch nach arabischsprachigen Romanen für Erwachsene auf. Kinderbücher gibt es längst in über 20 Sprachen, darunter auch Albanisch und Persisch.

Ist es sinnvoll, Menschen, die eigentlich Deutsch lernen wollen, Bücher in ihrer Muttersprache zur Verfügung zu stellen? Das Ziel sei, so Christiansen, dass sich die Leute beim Lesen auch mal entspannen könnten. "Jeder, der eine Fremdsprache lernt, weiß, wie anstrengend das ist", sagt sie. Überdies fühle man sich wertgeschätzt, wenn man ein Buch in seiner eigenen Sprache in der Bücherei finde. Außerdem können auch Menschen, deren Muttersprache nicht Arabisch ist, die Romane ausleihen. Und wer nur Striche, Kringel und Punkte erkennt, kann sich die Sprache ja vorher beibringen. Schließlich gibt es in der Stadtbibliothek jede Menge Medien, mit denen man Arabisch als Fremdsprache lernen kann.

Wegen EDV-Wartungsarbeiten ist die Stadtbibliothek voraussichtlich von Montag, 3., bis einschließlich Samstag, 8. September, geschlossen.

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