Nein zum Rauchverbot:Die Bastion der Widerborstigen

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Die letzten Verfechter der Liberalitas Bavariae? Moorenweis stimmt als eine der wenigen Gemeinden in Bayern gegen das totale Rauchverbot. Eine Suche nach Gründen.

Andreas Ostermeier

Sind sie jetzt die letzten Verfechter der Liberalitas Bavariae im Brucker Land? Leo Sedlmair zögert mit der Antwort. Dann sagt er, den Leuten in Moorenweis sei das "Leben und leben lassen" wichtig. Und mit Bekennermut fügt er gleich hinzu, dass auch er als Nichtraucher gegen das völlige Rauchverbot in der Gastronomie gestimmt hat am Sonntag. Wie seine Freunde und Bekannten.

Wie die Mehrheit der Wähler in Moorenweis.

Sedlmairs Stimme hört man den Stolz an, den Stolz darauf, als einzige im Landkreis mehrheitlich mit Nein gestimmt und damit Eigensinnigkeit demonstriert zu haben. Die geltende Regelung sei doch "ausreichend" gewesen, sagt Sedlmair, der Geschäftsleiter der Gemeinde ist. Das sei nicht nur seine Ansicht, sondern auch die vieler Einwohner, wie er in Gesprächen gehört habe.

Genau 700 Stimmberechtigte sahen dies am Sonntag ebenso und stimmten beim Volksentscheid mit Nein. 622 Einwohner schlossen sich den Befürwortern an. Möglicherweise würden einige heute anders abstimmen, scheint es doch zu dieser Gemeinde ganz am Westrand des Landkreises Fürstenfeldbruck zu gehören, nicht schon deshalb bei einer Sache mitzumachen, weil es die anderen 22 Kreiskommunen tun.

So steht Moorenweis auch bei der Klimawende abseits. Selbst Olchings Versuch, das Mitmachen der Gemeinde im Westen zu erzwingen, schlug fehl. Am Ende knickten die Olchinger ein und rückten von ihrer Bedingung ab, bei den Bemühungen des Kreises zur Klimawende nur mitzutun, wenn alle Kommunen dabei sind. Moorenweis aber blieb bei seiner Haltung, zeigte Eigensinnigkeit.

Doch nicht alle in Moorenweis haben offensichtlich das Bedürfnis, wider den Stachel zu löcken. Die Briefwähler zum Beispiel. Stimmten mit fast zwei Dritteln für einen schärferen Nichtraucherschutz. Ebenso die Eismerszeller oder die aus Grunertshofen (wenn auch nur knapp). Die aus Moorenweis, aus Dünzelbach und aus Steinbach, die haben es herausgerissen, die haben das im Landkreis einmalige Ergebnis zustande gebracht. Bis zu zwei Drittel der Wählenden haben gegen einen erweiterten Nichtraucherschutz gestimmt.

"Es geht alles kaputt"

Doch das Ergebnis war offenbar kein Ausdruck von Aufsässigkeit oder Überdruss an der schon geltenden Einschränkung. In den Wirtschaften, oft handelt es sich um Vereinslokale, ist nach Aussage von Sedlmair auch bislang nicht geraucht worden. "Die Raucher gehen raus", sagt der Geschäftsleiter. Die Wirte müssen sich also Anfang August nicht groß umstellen. Sedlmair beteuert denn auch, dass es keine Absprachen übers Wahlverhalten gegeben habe und keine Aktionen gegen die Anliegen der Nichtraucherschützer.

Möglicherweise ging es den Dorfbewohnern auch nicht nur um die Bewahrung von Freiraum, darum, dass der Staat sich nicht in alles einmischt, oder die Demonstration von Eigensinnigkeit.

Maria Winterholler, Wirtin in Dünzelbach, erzählt, dass bei ihr in der Stube nicht mehr geraucht wird. Gäste, egal ob Fremde oder Einheimische, verließen das Lokal und rauchten vor der Tür. Der Luft im Saal tue das gut, sagt sie, "aber die Gemütlichkeit geht verloren", wenn bei einer Tischgesellschaft ständig jemand fehle, weil er mit Zigarette in der Hand den Raum verlassen habe. In den vergangenen Jahren habe sie sich an die neuen Regeln gewöhnt, "aber es geht alles kaputt", sagt sie.

Moorenweis besteht aus mehreren kleinen Dörfern und Ansiedelungen, die einmal fünf Gemeinden ergeben haben, wie Sedlmair erzählt. Überall steht eine Kirche oder eine Kapelle, viel Grün umgibt die knapp 3800 Einwohner. Hier schaut es noch so richtig gemütlich aus. Dass diese Gemütlichkeit allmählich verloren gehen könnte, das war vielleicht der Hauptantrieb für das Nein der Mehrheit am Sonntag.

© SZ vom 06.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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