Naturschutz:Rinder für die Artenvielfalt

Der Landesbund für Vogelschutz setzt die Tiere bei der Pflege der wertvollen Moorflächen des Fußbergmooses ein. Die Naturschützer hängen auch Nistkästen auf und kümmern sich um Amphibien

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Heckrinder

Die Heckrinder, eine an Auerochsen erinnernde Züchtung, leben ganzjährig im Fußbergmoos. Dort verhindern sie, dass die Flächen verbuschen und tragen so zum Artenreichtum des Niedermoors bei.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Landesbund für Vogelschutz ist mit 4300 Mitgliedern einer der größten Vereine im Landkreis. Der Naturschutzverband kümmert sich keineswegs nur um Vögel, sondern auch um andere Tiere, vor allem Insekten und Fledermäuse, und natürlich um den Schutz und Erhalt von Biotopen sowie Pflanzen. Deshalb unterstützte der LBV das Volksbegehren "Rettet die Bienen" zur Bewahrung der Artenvielfalt. Mit viel ehrenamtlicher Arbeit bemühen sich die Naturschützer auch ganz praktisch um die Biodiversität. Unter anderem haben die Naturschützer rund 20 Hektar des Fußbergmooses gepachtet oder gekauft. Simon Weigl, in der Geschäftsstelle des LBV zuständig für Artenschutz, Stephan Rudolph und Gerald Fuchs stellten kürzlich bei der Jahreshauptversammlung die Tätigkeiten der einzelnen Gruppen vor.

Heckrinder

Eine kleine Herde von Heckrindern lebt im Fußbergmoos. Die robusten Tiere, die den ausgestorbenen Auerochsen ähnlich sind, können das ganze Jahr über draußen bleiben. Sie fungieren als Biotoppfleger, einfach indem sie die Flächen beweiden und so von Büschen und Bäumen freihalten. Das könnte man auch mit Mähen erreichen. "Weiden sind artenreicher als Flächen, die gemäht werden", erklärt Weigl. Allerdings dürften es nicht zu viele Rinder werden, sonst schaden sie den Flächen. Anfang 2018 war die kleine Herde auf elf erwachsene Tiere und vier Kälber angewachsen. Es sollten aber nur fünf bis sechs sein. Drei Jungstiere und der große Bulle "Amor" wurden geschlachtet. Übrig blieben drei Mutterkühe, ein Stier und die Kälber. Zur Arbeitsgruppe Rinder stießen voriges Jahr sechs neue Leute, die gleich viel Arbeit bekamen: Tränke und Futtertröge mussten erneuert werden, dabei wurde auch der Untergrund befestigt.

Großnistkästen

Naturschutz: Jochen Stieda und Richard Schoonhoven bringen einen Nistkasten an, in dem Waldkäuze brüten könnten.

Jochen Stieda und Richard Schoonhoven bringen einen Nistkasten an, in dem Waldkäuze brüten könnten.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Arbeitsgruppe Großnistkästen, gegründet 2016, verfügt über etwa 30 Aktive. Die hängen die Nistkästen auf und kontrollieren, ob sie angenommen werden. Die großen Nistkästen sollen Schleiereulen, Waldkäuzen, Turmfalken, Gänsesägern und vor allem Dohlen als Nistplatz dienen. Die schwarzen Rabenvögel, die kleiner sind als Krähen, besetzten fast die Hälfte der Nistkästen, berichtet Simon Weigl. Die Tiere bauen andernorts ihre großen, unordentlichen Nester in Kirchtürmen. Sie fänden im Landkreis aber keine geeigneten Plätze mehr, erklärt Weigl: "Ohne die Nistkästen wären die Dohlen hier ausgestorben." Anderen Gebäudebrütern geht es wie den Dohlen. Weil Häuser und Kirchtürme gegen Tauben gesichert werden, finden sie keinen Platz, an dem sie nisten können. Voriges Jahr gab es 106 Großnistkästen, in mindestens 66 brüteten Vögel. Nicht alle konnten kontrolliert werden. Weigl hatte auch Trauriges zu berichten: In Puchheim wurden gleichzeitig drei tote Wanderfalken gefunden, wahrscheinlich seien sie vergiftet worden.

Kleinnistkästen

Wie den großen Gebäudebrütern ergeht es auch den kleinen: Schwalben, Mauerseglern und Spatzen. Auch sie finden nicht genug Nistmöglichkeiten, weil bei Gebäudesanierungen häufig alle Spalten geschlossen werden. "Denen geht es schlecht", sagte Weigl, der darauf hinwies, dass die Zerstörung von Brutplätzen eine Straftat ist. Der Spatz, einst der Allerweltsvogel schlechthin, stehe auf der Vorwarnliste der gefährdeten Arten. Abhilfe können spezielle Nistkästen schaffen. Weigl bat darum, alle Brutplätze von Mauerseglern, Schwalben und Spatzen an die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt zu melden, damit diese geschützt werden können. Und er hatte eine interessante Information parat: Die schwarzen Mauersegler, akrobatische Flugkünstler mit sichelförmigen Flügeln, die von Mai bis August in Deutschland brüten und ihre Jungen aufziehen, sehen zwar den Schwalben ähnlich. Näher verwandt sind sie aber mit ganz anderen Vögeln: den Kolibris.

Amphibiengruppe

Freiwillige des LBV engagieren sich im Frühling im Amphibienschutz. Sie transportieren Frösche, Kröten und Molche über Straßen, damit die Tiere zu ihren Laichgewässern kommen. Dabei dokumentieren sie, wie viele Tiere sie aufsammeln. An diesen Zahlen, die Simon Weigl vorstellte, kann man den Rückgang sehr gut ablesen. Die Zahlen für einen Weiher bei Poigern (Gemeinde Egenhofen) reichen bis ins Jahr 1979 zurück. Damals wurden mehr als 4500 Amphibien aufgesammelt. Voriges Jahr waren nur noch 249. Der "extrem traurige Rückgang" habe vielfältige Gründe, sagte Weigl. Der an die Straße angrenzende Wald sei vor einigen Jahren während der Wanderzeit der Tiere durchforstet, die Wiese um den Weiher in einen Acker verwandelt worden. Dünger, Erde, alles gehe vom Acker in den Teich. Überdies sei während der Laichzeit Gülle ausgebracht worden. "Das überleben die Frösche und Kröten nicht." Der heiße und trockene Sommer habe ein Übriges getan. Doch es gebe Hoffnung: Das Landratsamt wolle die Fläche pachten und ins Ökokonto übernehmen, den Teich ausbaggern und den Acker wieder in extensiv genutztes Grünland verwandeln. So könnte in Gewässernähe ein Lebensraum an Land für die Amphibien geschaffen werden. Der Landkreis ist Weigl zufolge ein Verbreitungsschwerpunkt der Wechselkröte. "Da haben wir eine besondere Verantwortung."

Biotoppflege

Die Biotoppflege-Gruppe unter der Leitung von Gerald Fuchs mäht knapp zehn Hektar am Bahndamm bei Schöngeising, einen Halbtrockenrasen, der vielen seltenen Tieren und Pflanzen eine Heimat ist. Es werden Waldsäume geschnitten und im Fußbergmoos Büsche und Bäume gefällt, die dort nicht hingehören: Thujen, Wacholder, Buchs und große Fichten. Das Niedermoor bei Maisach ist ein kleiner Rest des Dachauer Mooses und zeichnet sich durch eine große Artenvielfalt aus. 147 in Bayern gefährdete Arten leben dort, darunter der rundblättrige Sonnentau, eine fleischfressende Pflanze, und die Prachtnelke. Wird es nicht gepflegt, machen sich Gehölze breit, die dem Moor Wasser entziehen. Besonders viel Arbeit machte Fuchs zufolge eine neu erworbene Fläche, die früher ein Wochenendgrundstück und entsprechend bepflanzt war. Durch die Pflegemaßnahmen werden die Flächen aufgewertet, der Wasserstand steigt wieder.

Veranstaltungen

Tümpelsafari, Vogelstimmen-Exkursionen, Schmetterlingswanderungen - dabei können Kinder und Erwachsene die Fauna und Flora im Landkreis kennen lernen. Der LBV biete auch Vorträge und Tagesfahrten an und beteilige sich mit einem Kinderprogramm an den Fürstenfelder Gartentagen, sagte Stephan Rudolph, der für die Veranstaltungen zuständig ist. Sie sind auch eine gute Gelegenheit, die Arbeit des Naturschutzverbands kennenzulernen, der sich immer über neue Mitglieder und Aktive freut.

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