Natur und UmweltBittere Tage für den Naturschutz

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Durch großen, auch ehrenamtlichen Einsatz hat sich die Zahl der Großen Brachvögel im Ampermoos wieder erhöht. Die Gelege der seltenen Vögel werden besonders geschützt. Ohne Pflegemaßnahmen könnten die Schnepfenvögel aus dem Landkreis jedoch wieder verschwinden. 
Durch großen, auch ehrenamtlichen Einsatz hat sich die Zahl der Großen Brachvögel im Ampermoos wieder erhöht. Die Gelege der seltenen Vögel werden besonders geschützt. Ohne Pflegemaßnahmen könnten die Schnepfenvögel aus dem Landkreis jedoch wieder verschwinden.  (Foto: Susanne Hoffmann/oh)

Die Staatsregierung streicht die Mittel für notwendige Pflegemaßnahmen drastisch zusammen. Emanuel Staffler, Vorsitzender des Landschaftspflegeverbands Fürstenfeldbruck, fürchtet um die Erfolge jahrelanger Arbeit im Ampermoos. Auch Andreas Birzele, Landtagsabgeordneter der Grünen, ist in Sorge.

Ingrid Hügenell, Grafrath

Das Ampermoos ist ein Naturraum von europäischer Bedeutung. Erst im vorigen Herbst wurde öffentlich vorgestellt, wie das Natura-2000-Gebiet weiterhin so gepflegt werden sollte, dass selten gewordene Pflanzen und Tiere dort weiterhin eine Heimat haben können. Doch nun hat das bayerische Umweltministerium die Mittel für die Pflegemaßnahmen drastisch gekürzt - um 85 Prozent. Das teilt Emanuel Staffler, der Vorsitzende des Landschaftspflegeverbands Fürstenfeldbruck, mit. Er fürchtet, dass jahrzehntelange Arbeit zerstört werden könnte.

Man rechne man damit, statt der geplanten 850 000 Euro nur 100 000 bis 120 000 Euro zu bekommen. Weitere 80 000 Euro könnten voraussichtlich über ein EU-Programm generiert werden. „Trotz dieser Bemühungen bleibt der Finanzrahmen eklatant unter dem bisherigen Niveau“, beklagt Staffler. „Mit den nun verfügbaren Mitteln können wir voraussichtlich nur vier Projekte und diese auch nur teilweise fortführen.“ Er fordert dringend eine Lösung, um die negativen Folgen abzufedern.

Was schon klar ist: Große Teile der für dieses Jahr geplanten Pflegemaßnahmen bleiben auf der Strecke. Besonders gravierend sind Staffler zufolge die Auswirkungen auf das Ampermoos als Wiesenbrütergebiet. Ohne die eigentlich notwendige „zweischürige Mahd“ werde der Lebensraum für bedrohte Vogelarten wie den Großen Brachvogel und die Bekassine massiv beeinträchtigt. Dort wird jedoch die erste Mahd von gut 55 Hektar im Frühjahr komplett ausfallen, und auch bei der Herbstmahd bleiben wohl von etwa 142 Hektar 100 Hektar ungepflegt

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Das betrifft auch Flächen, auf denen Neophyten wie die Goldrute zurückgedrängt werden konnten, im Ampermoos und ebenso im Ampertal. Ohne die Herbstmahd drohe eine unkontrollierte Ausbreitung. Dadurch könnten seltene heimische Pflanzenarten verdrängt werden. „Der Versuch, mit einer einmaligen Mahd vor der Samenreife gegenzusteuern, dürfte nur begrenzt wirksam sein“, fürchtet Staffler.

Insgesamt könnten im Auftrag des LPV statt 100 Hektar wie vorgesehen lediglich rund sieben Hektar tatsächlich im Frühsommer gemäht werden. Ähnlich bei der Herbstmahd: Statt 194 Hektar werden voraussichtlich nur rund 69 Hektar bearbeitet. „Diese Zahlen verdeutlichen, wie dramatisch der Rückgang der Fördermittel die Landschaftspflege einschränkt“, schreibt Staffler. Das werde weitreichende Folgen für die Biodiversität und die landwirtschaftliche Nutzung im Landkreis haben: „Ohne eine vollständige Pflege drohen wertvolle Lebensräume zu verschwinden.“

Scharfe Kritik am Umweltminister

Als Bürgermeister der Gemeinde Türkenfeld selbst CSU-Politiker, geht Staffler mit der Staatsregierung und vor allem mit Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hart ins Gericht. „Die Gründe für die dramatische Kürzung der Fördermittel seitens des bayerischen Umweltministeriums sind für uns nicht nachvollziehbar“, schreibt er. „Das Umweltministerium vertröstet uns mit Allgemeinplätzen; ein adäquates Handeln des zuständigen Ministers Thorsten Glauber kann ich leider nicht erkennen.“

Auch das Auftragsvolumen für Landwirte, die sich für den Naturschutz engagieren, werde „zwangsläufig stark zurückgefahren werden müssen“ - für Staffler ebenfalls ein ernstes Problem. Mit den stark gekürzten Mitteln könnten nur noch wenige Landwirte für die Landschaftspflege engagiert werden. Dies könnte langfristig die Zukunft vieler Pflegeprojekte gefährden, zumal davon ausgegangen werden müsse, dass die aktuelle Situation länger anhält.

„Es sind bittere Tage für den Umwelt- und Naturschutz in Bayern“, sagt der Grünen-Abgeordnete Andreas Birzele aus Althegnenberg. „Das ist ein Kahlschlag für unsere Natur, für unsere Artenvielfalt und für den ländlichen Raum.“  Im Ampermoos „droht der Verlust von Lebensräumen für bedrohte Tierarten.“ Birzele kritisiert zugleich das dritte Modernisierungsgesetz der Staatsregierung, das am Dienstag in erster Lesung im Landtag behandelt wurde. Unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus erleichtere die Söder-Regierung den Bau neuer Skipisten und Schneekanonen, während gleichzeitig die Mittel für den Schutz wertvoller Lebensräume so drastisch gekürzt werde.

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Das neu eingebrachte Gesetz sieht unter anderem vor, die Schwellenwerte für Umweltverträglichkeitsprüfungen anzuheben, etwa in Schutzgebieten von fünf auf zehn Hektar. „Das bedeutet in der Praxis: Wo bislang Naturschutzverbände mitreden konnten, werden sie künftig übergangen. Die Alpen werden zum Spekulationsobjekt, ausgerechnet in Zeiten von Wasserknappheit und voranschreitendem Artensterben“, sagt Birzele.

CSU-Bürgermeister Emanuel Staffler schlage mit gutem Grund Alarm, erklärt der Grünen-Abgeordnete. „Wenn selbst konservative Kommunalpolitiker nicht mehr nachvollziehen können, warum eine CSU-Staatsregierung Mittel für den Naturschutz zusammenstreicht, gleichzeitig aber Investitionen in neue Liftanlagen erleichtert, dann läuft grundlegend etwas falsch.“

Die Kürzung der Mittel für den Naturschutz und den erleichterten Neubau von Skigebieten nennt Birzele „nicht nur umweltpolitisch fatal, sondern auch wirtschaftlich kurzsichtig“. Denn der Landkreis Fürstenfeldbruck lebe auch vom sanften Tourismus, von Biodiversität und von einer intakten Kulturlandschaft. „Was die CSU hier macht, ist nichts anderes als ein Freifahrtschein für Naturzerstörung.“

„Wir stehen vor einer kritischen Situation, die nicht nur unsere Arbeit, sondern auch den Naturschutz im Landkreis gefährdet“, sagt auch Staffler. Der LPV arbeite intensiv daran, die in Aussicht stehenden Fördermittel zu sichern, um zumindest einige Maßnahmen fortzuführen. Parallel dazu werde geprüft, inwieweit Projekte mit Eigenmitteln oder durch Spenden kurzfristig gesichert werden könnten. Gesprochen werde auch mit den Landwirten, um die Auswirkungen der Kürzungen zu minimieren. Bevor jahrelange oder gar jahrzehntelange Arbeit zerstört werde, „sei es entscheidend, dass wir politisch auf die Situation aufmerksam machen und eine langfristige Lösung finden“.

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