Nahverkehr:In Verzug

Die Bahn hat erst die Vorplanung für den Ausbau der S 4 ausgeschrieben, dabei sollte die Planung nach den Ankündigungen von Innenminister Herrmann schon viel weiter sein

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die DB Netz AG hat die Vorplanung sowie Grundlagenermittlung für den dreigleisigen Ausbau der S 4 ausgeschrieben. "Eine Frechheit, was haben die denn bisher gemacht", rügt Mirko Pötzsch, Sprecher der Bürgerinitiative "S 4-Ausbau jetzt". Demnach ist jahrelang nichts passiert, kritisieren der Bahnexperte Ralf Wiedenmann und der Landtagsabgeordnete Herbert Kränzlein (SPD). Wiedenmann warf der bayerischen Staatsregierung vor, die Öffentlichkeit jahrelang in die Irre geführt zu haben

Die DB Netz AG hatte ein Gesamtpaket mit mehreren Abschnitten ausgeschrieben. Dazu gehörte der dreigleisige Ausbau zwischen Pasing und Eichenau, Umbauten im Bereich des Westkopfs Pasing sowie eine Blockverdichtung zwischen Eichenau und Buchenau. Ein Block ist ein Streckenabschnitt zwischen zwei Signalen, in dem sich immer nur ein Zug befinden darf. Werden die Abstände zwischen den Signalen verkürzt, können die Züge dichter aufeinander folgen. Das erhöht die Leistungsfähigkeit der Strecke.

Ein Sprecher der Bahn AG bestätigte, dass es sich um die Grundlagenermittlung und Vorplanung handelt, die ersten beiden Phasen der Planung, denen drei weitere folgen. Es werden eine Bestandsaufnahme gemacht, Aufgaben und Randbedingungen geklärt sowie Varianten geprüft, die Kosten geschätzt und Vorverhandlungen mit Behörden über die Genehmigungsfähigkeit und Kostenbeteiligung geführt. Nach Angaben der Bahn konnten sich die Firmen auch schon um die nächsten beiden Phasen, die Entwurfs- und Genehmigungsplanung bewerben. Die Bewerbungsfrist ist inzwischen abgelaufen, wie viele Firmen sich gemeldet haben und was die Planung kosten soll, wollte der Bahnsprecher nicht sagen.

Beim politischen Aschermittwoch der Eichenauer CSU hatte der Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) im Februar 2016 versprochen, er werde sich dafür einsetzen, dass "bis Ende 2017 die Planfeststellung beantragt werden kann". Dafür müsste allerdings schon eine Genehmigungsplanung vorliegen. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die dem Minister unterstellt ist, veröffentlichte im März 2016 ein Papier über die Infrastrukturplanungen Bahnknoten München. Wiederholt wird darin, dass der Ausbau der S 4 hinter dem Bau des zweiten Tunnels in München zurückstehen muss. Auch im 13-Punkte-Sofortprogramm der Staatsregierung von 2012 war das Projekt nicht berücksichtigt worden. Zur S 4 ist in dem Papier der BEG aber zu lesen: "Vorplanung läuft". Das war eine Fehlinformation.

"Alles Lug und Trug", bilanziert Wiedenmann. Der Minister habe sein Versprechen vom Mai 2014 - damals lud Hermann die Presse zu einer Zugfahrt von Bruck nach München ein - wenigstens die Planung schnell voranzubringen, nicht eingelöst. Kränzlein verwies darauf, dass im Drei-Phasen-Plan des Ministers die S 4 wiederum in der letzten Phase einsortiert wurde, nach der Fertigstellung der zweiten Röhre in München. "Es ist erkennbar, dass der Minister sich des Themas einfach nicht besonders angenommen hat", sagte Kränzlein. Seit Mai 2014 sei im Prinzip nichts passiert. Als Bürgermeister von Puchheim war Kränzlein zusammen mit etlichen Amtskollegen vor vielen Jahren dabei, als ein renommiertes Planungsbüro den Entwurf für einen viergleisigen Ausbau bis Buchenau präsentierte, die ursprüngliche Variante, die Herrmann fallen ließ. Pötzsch berichtet von einem Gespräch mit der BEG vor Jahren, wo man ihnen erklärt habe, die Vorplanung sei längst fertig, ob drei- oder viergleisig spiele keine Rolle.

Kränzlein erinnerte daran, dass die CSU im Verkehrsausschuss des Landtags unlängst seinen Antrag, die Strecke vorrangig zu ertüchtigen, abgelehnt hat, weil Verbesserungen auf den Außenästen nicht möglich seien, solange in München an der Röhre gearbeitet wird. Damit ist eingetreten, wovor Kritiker des Megatunnels stets gewarnt hatten.

Der SPD-Politiker hat einen Fragenkatalog an das Ministerium geschickt, um zu klären warum die Vorplanung erst jetzt erfolgt. Die SZ bekam am Montag aus dem Innenministerium keine Stellungnahme zu den Vorwürfen.

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