Süddeutsche Zeitung

Nachhaltigkeit:Reparieren statt wegwerfen

In Olching hat sich nun auch ein Repair-Café etabliert

Von Katharina Knaut, Olching

Nicht einmal eine halbe Stunde nachdem das erste Olchinger Repair-Café offiziell eröffnet hat, herrscht im Haus der Begegnung bereits reger Betrieb. Menschen mit technischen Geräten und anderen Gegenständen in den Händen laufen durch eines der oberen Stockwerke. Ein Mann balanciert sogar einen riesigen Flachbildfernseher vor sich her. Sie alle haben ein Ziel: einen Raum mit einer Reihe von Tischen, hufeisenförmig aufgestellt. Dahinter sitzen die Reparateure, meist Männer, die sich über ein auseinandergenommenes Gerät beugen und aufmerksam das Innenleben eines Toasters oder einer rosafarbenen Spieldose begutachten. Vom Vorraum weht ein verlockender Kaffeeduft herein.

Genau das sei die Idee hinter den Repair Cafés, erklärt Initiatorin Monika Wahl: Jeden dritten Samstag im Monat können Menschen von 13 bis 16 Uhr ihre beschädigten Gegenstände zum Haus der Begegnung bringen, sie dort kostenlos von einem der Ehrenamtlichen richten lassen. Müssen die Besucher warten, können sie währenddessen eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen genießen. Repariert werden Elektrogeräte und Unterhaltungselektronik, Kleinmöbel, Spielzeug, Fahrräder sowie Schmuck und Textilien. Die Faustregel: Gebracht werden kann alles, was die Leute selber tragen können. "Manchmal laufen bereits Wetten darüber, was am Tag alles gebracht wird", meint Wahl mit einem Lachen. "An einem Tag bringen die Menschen fünf Kaffeemaschinen, dann wieder fünf Stereoanlagen und kaum Kaffeemaschinen."

Gerhard Beer beschäftigt sich weder mit dem einen noch mit dem anderen. Stattdessen beugt er sich über einen auseinandergenommenen Ventilator. Er versucht das knackende Geräusch zu beheben, das der Lüfter beim Schwenken des Kopfes von sich gibt. Mit einer Taschenlampe in der einen und einem Werkzeug in der anderen Hand bearbeitet er das Innenleben des Geräts. Er erinnert dabei an einen Zahnarzt, der eine Behandlung an einer besonders schwer zu erreichenden Stelle vornimmt. Mit dem Unterschied, dass er keinen Weisheitszahn, sondern ein vorstehendes Stück Plastik entfernen will. Ihm gegenüber sitzt die Besitzerin des Ventilators. Hin und wieder beugt sie sich ebenfalls über das Gerät, um mit Beer über das weitere Vorgehen zu beratschlagen.

Nur weil manche Gegenstände beschädigt sind oder nicht mehr funktionieren, müssen sie noch lange nicht weggeworfen werden. Das ist die Grundidee hinter dem Konzept: ältere Dinge zu reparieren, anstatt ständig neue zu kaufen. Die Initiative stammt ursprünglich aus Amsterdam, mittlerweile gebe es etwa 1200 Repair-Cafés weltweit, sagt Wahl. Sie hat das Konzept im Landkreis eingeführt, Standorte gibt es in Germering, Gröbenzell, Puchheim, Fürstenfeldbruck und nun auch in Olching. Bis September bleibt es noch im Haus der Begegnung. Danach wollen Wahl und ihr Team Räume in der alten Hauptschule an der Heckenstraße beziehen.

Die Reparaturen übernehmen Ehrenamtliche. "Für einige ist das Reparieren ein Hobby", erklärt Wahl, "andere sind gelernte Elektroingenieure, Schreinermeister oder Schneidermeisterinnen." So auch Gerhard Beer. Er ist gelernter Elektroingenieur und das erste Mal Reparateur im Repair-Café. Auch daheim versuche er, Geräte zu reparieren anstatt sie wegzuwerfen, erklärt Beer. Noch immer beugt er sich über den zerlegten Ventilator. Das Problem hat er mittlerweile gefunden, mit einigen Handgriffen versucht er es zu beheben. Ganz schafft er es nicht, noch immer gibt der Lüfter ein knackendes Geräusch von sich, allerdings deutlich leiser als zuvor. "Damit wäre das Ziel erreicht", meint Besitzerin zufrieden.

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Quelle:
SZ vom 06.08.2019
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