Nach Neujahrsempfang:Kritik, Hohn und Spott für die Puchheimer CSU

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Katrin Staffler und Ramona Weiß gehen vorsichtig auf Distanz zum Auftritt eines sogenannten Klimaskeptikers

Von Peter Bierl, Puchheim

Sowohl Hohn und Spott als auch scharfe Kritik hat die CSU Puchheim für den Auftritt von Edgar Gärtner bei ihrem Neujahrsempfang geerntet. Der Klimaskeptiker hatte für Glyphosat plädiert und vorgeschlagen, Mini-Atomkraftwerke in Vorgärten aufzustellen, zumal Radioaktivität gesund sei. "Völlig verstrahlt", lautete ein Kommentar in den sozialen Medien. "Den Atommüll kann man in den tiefen Löchern der Geothermie versenken", stichelte UBP-Fraktionschef Reinhold Koch.

"Alternative Fakten am Neujahrsempfang der CSU" lautet der Titel eines Beitrags auf der Homepage der Werbegemeinschaft Puchheim (WGP). Der Olchinger Stadtrat Alfred Münch (SPD) verwies auf einschlägige Auslassungen des US-Präsidenten Donald Trump und fragt sich, ob das zur Konservativen Revolution gehört, die der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ausgerufen hat.

Als "rückwärtsgewandet und wenig differenziert" kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Puchheimer Grünen den Auftritt. "Die CSU begibt sich auf die Linie der AfD", rügte deren Fraktionsvorsitzender Manfred Sengl. Er verwies allerdings ebenso wie die SPD-Vorsitzende Marga Wiesner darauf, dass die Puchheimer CSU heterogen sei. Solche Positionen habe sie von CSU-Stadtratskollegen noch nie vernommen, sagte Wiesner. Die Ortsvorsitzende hatte an dem Neujahrsempfang teilgenommen und empfand Gärtners gewagte Thesen als "sehr befremdlich".

Die neue CSU-Bundestagsabgeordnete für Fürstenfeldbruck-Dachau sprach von einem "sicherlich kontrovers zu diskutierenden Vortrag". Allerdings sei "eine nachhaltige Klima- und Umweltpolitik die einzig mögliche Antwort auf den unbestreitbaren Klimawandel", sagte Katrin Staffler.

Dagegen rüffelte die Vorsitzende des Arbeitskreises Energiewende (AKE) der oberbayerischen CSU ihre Puchheimer Parteifreunde deutlich. "Einen sogenannten Klimaskeptiker als Festredner einzuladen, finde ich sehr schwierig und kontraproduktiv", schrieb Simone Neumann. Zu einem solchen Urteil konnte sich die Puchheimer CSU-Stadträtin und stellvertretende Ortsvorsitzende Ramona Weiß nicht durchdringen. Sie ist zugleich stellvertretende Vorsitzende des Vereins Ziel 21, der die Energiewende im Landkreis vorantreiben soll.

Die Entscheidung über den Referenten sei Sache des Ortsvorsitzenden Markus Hammer gewesen, berichtete Weiß. Sie verteidigte Gärtners Auftritt und manche seiner Thesen "Ich bin keine Glyphosatgegnerin", betonte sie. Weiß wertete seine Äußerungen zu Radioaktivität als "interessanten Ansatz". Bloß kenne sie die Studie nicht, auf die sich Gärtner stützt, darum sei sie doch "ein bisschen irritiert" gewesen. Der Referent hatte ausgeführt, Mitarbeiter in Atomanlagen lebten länger als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Den klimaskeptischen Positionen von Gärtner widersprach sie jedoch. Für Weiß besteht kein Zweifel daran, dass es einen von Menschen verursachten Klimawandel gibt. Weiß verteidigte den Ausbau erneuerbarer Energien und das Energieeinspeisungsgesetz. Allerdings schränkte sie ein, es bringe nichts, "wenn in Deutschland sichere Atomkraftwerke abgeschaltet werden, aber in Frankreich unsichere Anlage weiter laufen". Gärtner sitzt im Fachbeirat des Europäischen Instituts für Klima und Energie. Dieses fordert eine "ersatzlose Streichung des EEG" und das "Ende der Kernenergie-Diskriminierung".

Nächste Woche hat die Puchheims CSU Klaus Ermecke eingeladen, der unter dem Titel "Öko-Kult: Opfern wir dafür unsere Zivilisation?" über Energie, Erdwärme und Klima sprechen soll. Er bestreitet den Treibhauseffekt. Weiß mag in solchen Auftritten keine neue politische Linie der CSU sehen, wie die parteipolitische Konkurrenz vermutet. "Ich bin offen für Neues und neue Themen."

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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