Süddeutsche Zeitung

Nach Diskussion:Giftiger Cocktail zum Jahresende

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Aus den Diskussionen über eine Beschränkung der Knallerei zieht Puchheim die Konsequenz: ein zentrales Silvesterfeuerwerk

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Silvesterfeuerwerke sind nicht nur bunt und laut, sie sind auch große Luftverschmutzer. Durch die Wetterlage in München und Umgebung fiel dies am vergangenen Jahreswechsel besonders auf. Auch im Landkreis wurde deshalb diskutiert, wie sich die Zahl der Feuerwerke einschränken ließe. Puchheim zieht nun Konsequenzen aus dieser Diskussion. Die Stadt veranstaltet nahe dem Rathaus ein zentrales Silvesterfeuerwerk.

Wer Raketen zündet und Donnerschläge knallen lässt, der steht bald in einer Rauchwolke. Vernebelte Sicht und der Geruch von Schwarzpulver breiten sich aus. Auch an den Sektflaschen, die als Startrampen von Silvesterraketen dienen, ist der Dreck zu sehen, den die Verbrennungsreste des Schwarzpulvers hinterlassen. Gefährlich für die Gesundheit sind allerdings weniger die Rußpartikel, die sichtbar sind, als jene Reste der Verbrennung, die so klein sind, dass sie über die Atemwege in die Lunge gelangen können.

Unter diesen Teilchen befinden sich die Überreste von Stoffen, die in den Raketen oder Bodenfeuerwerken enthalten sind, etwa Schwarzpulver oder Metallsalze für die verschiedenen Farben. Denn sie verbrennen nicht restlos und bilden den Feinstaubcocktail am Silvesterabend. Der besteht zudem aus Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid und Stickoxid. Untersuchungen von Schneeproben durch die Technische Universität Wien haben auch Spuren des giftigen Erdalkalimetalls Barium ergeben.

Der Schmutzcocktail, den Feuerwerke hinterlassen, ist aber nicht nur vielfältig, was seine Zusammensetzung angeht, sondern auch umfangreich, was seine Quantität betrifft. So entspricht die Feinstaubmenge in der Silvesternacht in Deutschland nach Schätzung des Umweltbundesamtes in etwa 15 Prozent der jährlich bundesweit im Straßenverkehr abgegebenen Feinstaubmenge. Es bedürfte also eines kompletten Fahrverbots von etwa zwei Monaten Länge, um im Straßenverkehr einzusparen, was am Silvesterabend zur Begrüßung des neuen Jahres in die Luft geblasen wird.

Rechtlich ist gegen die Ballerei kaum etwas zu unternehmen. Das haben diverse Diskussionen in der Landeshauptstadt sowie in umliegenden Kommunen wie Germering gezeigt. Lediglich besondere Gegebenheiten, wie etwa eine Altstadt mit Häusern, die zum großen Teil aus Holz bestehen, oder extreme Trockenheit könnten Gründe für das Verbot eines Feuerwerks sein, hieß es. Deshalb wurde über die Vorteile eines zentralen Feuerwerks gesprochen. Die Idee dahinter: Ein großes Feuerwerk macht weniger Dreck als viele kleine. Doch auch wenn eine Kommune die Einwohner zu einer gemeinsamen Silvesterfeier einlädt, kann sie private Feste nicht verbieten. Die Mitglieder des Umweltbeirats in Germering, die sich mit dem Vorschlag eines zentralen Feuerwerks getragen hatten, machten schließlich einen Rückzieher. Dazu trug auch die Befürchtung bei, dass sich etliche Betrunkene ans Steuer setzen könnten, um zum Ort des zentralen Feuerwerks zu gelangen.

Aufgegeben hat Herbert Krause, Vorsitzender des Umweltbeirats, das Thema allerdings nicht. Er hat einen Flyer erstellt, der sich an die Einwohner der Stadt richtet. Darin ruft er sie dazu auf, an die Luftverschmutzung, den Müll aus abgebrannten Raketenteilen und die Tiere zu denken, die durch die Knallerei verschreckt werden, ehe sie sich für ihr Privatfeuerwerk munitionierten. Der Flyer soll in der Woche vor Silvester auch auf der Homepage der Stadt veröffentlicht werden.

Einzig die Stadt Puchheim bietet ihren Einwohnern am Silvesterabend ein städtisches Feuerwerk. Gefeiert wird von 23.45 Uhr an am Rathausweiher (Ringpromenade). Die Besucher sollten keine eigenen Feuerwerkskörper mitbringen, heißt es in der Ankündigung der Stadt, sondern die Künste eines professionellen Pyrotechnikers genießen. Bürgermeister Norbert Seidl verspricht sich von der Einladung eine Vermeidung von Feinstaub. Der ökologische Effekt sei wichtig, sagt Seidl, nennt aber weitere Gründe für das Abbrennen eines städtischen Feuerwerks an dieser Stelle. Damit wolle er sich bei jenen Puchheimern bedanken, die sich das Jahr über am Stadtmitte-Dialog beteiligten. Zudem gelte es, die Stadtmitte durch Veranstaltungen zu beleben, sagt Seidl und fügt hinzu, dass ein richtiges Feuerwerk auch eine "tolle Atmosphäre" habe. Bezahlt werden die Kosten für die Raketen aus dem Topf des Stadtmitte-Dialogs. Der Puchheimer Bürgermeister ist nun gespannt, ob die Einladung der Stadt am Silvesterabend von vielen Puchheimern angenommen wird.

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Quelle:
SZ vom 30.12.2017
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