Nach der Bürgermeisterwahl:Stillstand im Rathaus

Nach dem Wunsch von SPD, BBV und Grünen sollen Radfahrer in Fürstenfeldbruck auf einem Netz von Schleichwegen künftig sicher und schneller vorankommen. OB Raff und der Verwaltung werfen sie Verhinderungspolitik vor

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Der Frust sitzt tief bei SPD, BBV und den Grünen im Stadtrat von Fürstenfeldbruck. Befürchten sie doch den Stillstand im Rathaus. Einen großen Teil der Pressekonferenz zum "Entwicklungsplan Radwege" nutzen die enttäuschten Kommunalpolitiker der drei Fraktionen im Restaurant Myra kürzlich vor allem dazu, um Dampf abzulassen. Bereits seit Mai 2016 liegt das Papier des stellvertretenden SPD-Ortsvorsitzenden Martin Haisch zur Entwicklung eines Radwegenetzes bereits vor, das Rathaus verfügt mit Claudia Gessner inzwischen auch über eine Fahrradbeauftragte. Aber es geschieht nichts, so die einhelligen Klagen. Der Rathausverwaltung mit dem neuen OB Erich Raff (CSU) werfen die Kritiker Desinteresse und eine "Verhinderungspolitik" vor, statt zu gestalten. SPD, BBV und Grüne wollen sich nicht mehr länger hinhalten lassen, sie kündigen an, öffentlich Druck zu machen.

Laut Haisch ist es nicht einmal gelungen, die CSU für den überparteilichen Arbeitskreis Radverkehr unter dem Dach des Verkehrsforums Fürstenfeldbruck zu gewinnen. Und bei Bauvorhaben werde immer noch nicht daran gedacht, den Radverkehr zu berücksichtigen. Obwohl genau das beschlossen wurde und das eine der zentralen Forderungen der vor einigen Monaten vorgelegten Räumlichen Entwicklungsstrategie für den Landkreis ist.

Wohin das führt, ist in der Schulstraße östlich des Marktplatzes zu erleben. Hier sollte einmal ein neuer Rad-Schleichweg von der Dachauer Straße zum Brucker Bahnhof unter Umgehung des Marktplatzes und der für Radler gefährlichen Amperbrücke verlaufen. Nun werde dieses Vorhaben durch die Stadt torpediert. Ein Teil des Schulwegs wurde nicht nur für Radfahrer gesperrt, sondern ein neues Bauprojekt schaffe Tatsachen, die hier auf Dauer einen Radweg verhindern, weil es versäumt wurde vorzusorgen. Für einen gemeinsamen Rad- und Fußweg fehlen auf dem Schulweg zwischen Volkshochschule und Volksbank laut Stadt 20 Zentimeter.

Mit einem solchen Stillstand wollen sich Haisch und seine Mitstreiter nicht länger abfinden. Geht es doch um das Ziel, mehr Fürstenfeldbrucker dazu zu bewegen, aufs Fahrrad umzusteigen. Da man in der Kreisstadt mit dem Fahrrad schneller und komfortabel vorankommen kann als mit dem Auto, liege das auf der Hand, davon ist BBV-Stadträtin Irene Weinberg überzeugt. "Wenn ich die Menschen locken möchte, muss ich Alternativen anbieten", sagt Haisch, und zwar solche, wie sie auf dem Schulweg möglich und umzusetzen gewesen wären. Aber über diese Alternativen werde nicht diskutiert, so lange es keinen Verkehrsentwicklungsplan für Fürstenfeldbruck gibt. Der Sozialdemokrat verweist darauf, dass, wer ein fahrradfreundliches Fürstenfeldbruck will, keinen Verkehrsentwicklungsplan brauche. Es genüge der gesunde Menschenverstand.

Haisch und seine Unterstützer, das ist das Kernstück des Entwicklungsplans Radwege, haben sich von den Überlegungen verabschiedet, die von Autofahrern genutzten Hauptverkehrswege für Radler sicherer zu machen. Ihr neues Konzept sieht vor, dass diese stattdessen auf Schleichwege ausweichen, von denen es in Fürstenfeldbruck viele gebe. Solche eigenständigen, weitgehend vom bestehenden Straßennetz unabhängige Verbindungen, sollen das Fahrrad konkurrenzfähig zum Auto machen und in der Stadt den Verkehrskollaps verhindern. Kernstück der künftigen innerstädtischen Fahrradtrassen sind laut Haisch zwei Nord-Süd-Verbindungen, die jeweils über zwei neue Amperübergänge zum Bahnhof führen sollen und über den Markt- und Viehmarktplatz mit einer Ost-West-Achse miteinander verbunden werden würden.

Um solche Ideen voranzubringen, bräuchte Fürstenfeldbruck jedoch eine Aufbruchstimmung, die Stadtrat Christian Stangl (Grüne) nach der OB-Wahl vermisst. Ohne eine solche Motivation, die dem OB Raff und der Verwaltung fehle, werde es nicht gehen, merkt der Grüne an. Sollte Raff sein lapidares "Geht nicht" nicht überdenken und endlich Gas geben, wollen SPD, BBV und Grüne den öffentlichen Druck auf die Rathausspitze erhöhen.

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