Süddeutsche Zeitung

Nach Beschwerden von Nachbarn:Germering kämpft gegen Saatkrähen

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Die Stadt lässt die Nester aus dem Erika-Park entfernen. Naturschützer sind jedoch skeptisch, dass es gelingt, die Tiere dauerhaft zu vertreiben

Von Andreas Ostermeier, Germering

Die Anwohner des Erika-Parks im Westen der Stadt fühlen sich von Saatkrähen gestört. Die Vögel sind recht laute Nachbarn, in der Brutzeit erheben sie nach den Worten von Thomas Wieser, im Rathaus zuständig für Umweltangelegenheiten, ein "wahnsinniges Gekreische". Etwa ein Dutzend Saatkrähenpaare haben im vergangenen Jahr in dem Park an der Erikastraße gebrütet. Um den Vögeln dies heuer schwerer zu machen, will die Stadt die Nester von den Bäumen entfernen lassen. Das soll in der kommenden Woche passieren, rechtzeitig vor der Brutzeit, die im März beginnt. Denn wenn die ersten Eier in den Nestern liegen, dürfen die Gelege nicht mehr beseitigt werden.

Germering ist nicht die erste Stadt, in der sich Bewohner über Saatkrähen beschweren. Puchheim hat bereits vor einiger Zeit damit begonnen, die Vögel vom Friedhof Schopflach zu vertreiben. Nach Auskunft von Wieser suchen sich die Saatkrähen Brutstätten in Ansiedlungen, weil sie dort allen Störungen der menschlichen Zivilisation zum Trotz bessere Brutbedingungen vorfinden als in freier Flur, wo sich die Tiere ansonsten aufhalten. So hat die Intensivierung der Landwirtschaft dazu geführt, dass es innerhalb von Ortschaften oft geeignetere Brutbäume gibt als im Umfeld von Wiesen und Äckern. Wieser spricht deshalb auch von einem "hausgemachten Problem".

Dieses bekommen die Kommunen auch nicht so einfach los. Denn zum einen sind die Mittel beschränkt, die zur Vertreibung der Tiere eingesetzt werden dürfen. So ist es beispielsweise verboten, Saatkrähen einfach zu töten. Zum anderen aber taugen die Mittel auch wenig, denn es ist schwierig, die Vögel dazu zu bringen, ihr Brutgeschäft an Orten zu betreiben, die den Menschen genehm sind. So führt die Auflösung von großen Krähenansammlungen zu sogenannten Splitterkolonien, die sich oftmals in anderen menschlichen Siedlungen niederlassen und dort wiederum zu großen Ansammlungen anwachsen.

Vogelschützer wie Matthias Luy von der Bezirksgeschäftsstelle Oberbayern des Landesbundes für Vogelschutz, sind deshalb auch skeptisch, was die Vergrämung, also die Vertreibung, der Tiere angeht. Denn die Saatkrähen werden dadurch nicht weniger, sie suchen sich nur neue Brutplätze und stören dort andere Bewohner der gleichen Stadt oder einer anderen Ansiedlung. Eine Lösung also nach Art des Sankt-Florians-Prinzips. Noch ungünstiger ist die Bildung von Splitterkolonien, das heißt, ein Teil der Vögel spaltet sich durch die Vergrämung von der Kolonie ab. Diese Tiere suchen dann neue Brutreviere, in denen auch jene Jungvögel Nachwuchs bekommen, die in der vorherigen Kolonie keinen Brutplatz gefunden hätten. Das Ergebnis lautet dann oftmals, dass es anstatt einer Saatkrähenkolonie nun zwei oder noch mehr gibt. Luys Rat an die Kommunalverwaltungen lautet deshalb, sich das Vertreiben der Vögel, etwa durch das Entfernen der Nester, zweimal zu überlegen.

In Germering ist man zu dem Entschluss gekommen, den Saatkrähen den Erika-Park madig zu machen. Deshalb werden die Nester entfernt. Eine Genehmigung dafür liegt der Stadt vor. Wieser wird das Vorhaben am Mittwochabend dem Umweltbeirat der Stadt vorstellen. Begleitet wird er von der Biologin Monika Sepp, die sich auch die Stadt Puchheim beim Umgang mit den Saatkrähen berät. Sie hofft, dass die Vögel, nachdem sie ihre Nester im Erika-Park nicht mehr finden, anderswo hinziehen, um zu brüten. Idealerweise finde die kleine Saatkrähenkolonie zurück aufs Land, sagt Sepp.

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Quelle:
SZ vom 17.02.2016
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