Vor dem Rathaus bildet sich am Samstagabend bereits zwei Stunden vor dem offiziellen Beginn der 18. Gröbenzeller Musiknacht eine lange Schlange. „Leider dürfen wir nicht mehr Personen reinlassen, weil wir oben schon überfüllt sind“, sagt der Türsteher – und der eine oder andere musikbegeisterte Gast dreht verdutzt wieder ab. Grund für den Andrang: Ein Konzert, mit dem das mit 17 Bands und 4000 Gästen laut Veranstalter „größte Kulturevent“ im Landkreis auf der Dachterrasse des Rathauses eröffnet wird. Über den Dächern der Gemeinde gibt also der „The Voice of Choice“- Chor der Zachäuskirche den Ton an. 16 Sängerinnen und Sänger beschallen mit Gospel, Rock oder Pop in überzeugender Manier das Auditorium.
Veronika und Theresa, beide im Chor aktiv, meinen unisono, dass dieser Ort etwas ganz Besonderes sei. „Wir läuten alles ein, und dann kann unten ab acht Uhr der Punk abgehen“, erklärt Veronika. Und das tut es auch. Pünktlich um 20 Uhr erklingen aus sämtlichen Ecken der Kirchen- und Rathausstraße die Gitarren, Synthesizer, Schlagzeuge und Dj-Sets. In dem diesmal komplett eingezäunten Areal stehen sechs verschiedene Acts an genauso vielen Locations auf dem Programm – eine vielfältige Auswahl an Genres. So verwandelt die Band VoiGams den mit Bierbänken ausstaffierten Rathausplatz in ein Freiluftvolksfest und lässt mit Austropop, Schlager und Classicrock keine Wünsche offen. Dem Publikum gefällt’s. Und schon bald wird fleißig mitgeklatscht, getanzt und gesungen.
Am Café Gelato Italiano entscheidet man sich für einen gänzlich anderen Sound. The Boys from Ipanema konzentrieren sich auf lateinamerikanische Rhythmen. Mit einem gespritzten Getränk und einem Eisbecher lässt sich hier entspannt und ziemlich lässig der Abend verbringen. Im etwa 50 Meter entfernten Maya Coffee and More geht es da schon etwas lauter, greller und stimmungsvoller zu. Das Café scheint eher das jüngere Publikum anzuziehen und hat keine Band, sondern wartet mit Tanzshow samt Sängerin, DJ und LED-Show auf.
Besitzerin Kerstin Michalsky aus Gröbenzell sieht sich bestätigt, da sich auch heuer wieder früh viele Gäste vor der Terrassenbühne tummeln. „Ich habe in diesem Jahr zwölf Bedienungen und Mitarbeiter angestellt. Die letzten Male sind wir aufgrund des Ansturms fast untergegangen, aber man lernt ja aus Fehlern. Deshalb bin ich froh, so viele junge Leute hinter der Bar oder in der Küche zu haben.“ Trotz Stress und Aufwand ist dieser Abend für sie extrem wichtig, ist er doch gleichermaßen super Werbung wie auch Einnahmequelle.
Nicht nur im Ortszentrum hat die Musiknacht viel zu bieten. Etwas außerhalb, erreichbar mit einem regelmäßig verkehrenden Shuttle-Bus, liegt im Gewerbegebiet das „Betonwerk“. Hier organisiert die Unabhängige Wählergemeinschaft ein Open Air auf großer Bühne mit zwei Bands. My Moodies aus Niederbayern lassen eine ganz besondere Stimmung aufkommen auf dem mit Sofas, kleinen Tischchen und Feuerstellen ausgestatteten Gelände. Das sehr künstlerisch und alternativ hergerichtete Industrieensemble bietet den idealen Rahmen, um sich von den emotionalen, oft akustischen Klängen der Band treiben zu lassen.
Georg Reitinger aus Olching besucht schon seit Jahren die Musiknacht und ist begeistert von der Lokalität mit ihrem coolen, fast schon großstädtischen Flair. Ein wenig stört den Mathematiklehrer allerdings die Einzäunung des Geländes, darunter leide die Spontanität und Lockerheit. Allerdings habe er auch Verständnis dafür, dass man den Einlass kontrollieren und den Eintritt kassieren muss, da ja die Bands und Künstler bezahlt werden müssen.
Direkt neben dem „Betonwerk“ liegt das kleine Fleischatelier. Dame Bube Krass geben sich hier die Ehre und interpretieren Stücke aus 50 Jahren Rockgeschichte. Mit markanter Stimme und starkem Gitarrenspiel überzeugen Petra Leu und Marc Berger das Publikum, während Wein und Köstlichkeiten vom Grill gereicht werden. Besitzer Saman erhofft sich von dieser Nacht steigende Bekanntheit. Den Stress nimmt der 18-Jährige inkauf: „Geile Veranstaltung, gute Musik und viele Gäste, so wünsche ich mir das. Da arbeitet man gerne mal länger und mehr als normal.“