Musik in Gröbenzell:Theatralische Bläser

Lebendig-überzeugendes Gastspiel des Clarion-Quintetts

Von KLAUS MOHR, Gröbenzell

Die "Gröbenzeller Konzertreihe" war die erste der vom Pianistenehepaar Susanne und Dinis Schemann gegründeten Konzertreihen. Mit dem Abend am Samstag wurde in der Steinerschule die inzwischen 29. Saison eröffnet - wie von Anfang an auch diesmal vor ausverkauften Stuhlreihen. Dazu gastierte das dänische Carion-Bläserquintett mit Dóra Seres (Flöte), Egīls Upatnieks (Oboe), Egīls Šēfers (Klarinette), David M. A. P. Palmquist (Horn) und Niels Anders Vedsten Larsen (Fagott). Bläserquintette in dieser Besetzung gibt es inzwischen viele, ja man kann geradezu davon sprechen, dass sie ganz im Trend liegen. Das zieht es fast zwangsläufig nach sich, dass sich die Ensembles einen Weg überlegen müssen, wie sie sich von der Konkurrenz abheben.

Beim Carion-Quintett hat man einen ebenso ungewöhnlichen wie treffsicheren Weg gefunden, der die üblichen Rahmenbedingungen auf den Kopf stellt: Die Musiker spielen auswendig und zudem im Stehen. Dadurch wird die Bühne zur Aktionsfläche, auf der sich die Bläser frei bewegen können. Im Sinne einer Choreografie setzen die Mitglieder Details der Musik szenisch um. Das geschieht beispielsweise dadurch, dass ein Musiker hervortritt, wenn er für eine Phrase eine Führungsrolle übernimmt, oder auch dadurch, dass sich zwei parallel geführte Instrumentalstimmen in unmittelbare räumliche Nähe begeben. Das Carion-Quintett inszeniert sich damit quasi als Gesamtkunstwerk: Diese Idee begeisterte das Gröbenzeller Publikum zu Recht, weil das "Defizit" konzertanter Musik, dass das Geschehen in der Musik fast ausschließlich akustisch abläuft, geschickt aufgefangen und um eine optische Komponente erweitert wurde.

Das Motto des Programms "Eine Nacht im Theater" verdoppelte diese Idee. Es erklang keine Musik für das Theater, sondern Musik, die eine theatralische Komponente hat. Darunter befand sich nur eine Originalkomposition, nämlich die sechs Bagatellen für Bläserquintett von György Ligeti. Diese kurzen Stücke setzen manchmal auf grelle Tonqualitäten, schrille Dissonanzen, unübliche Rhythmen. Nur eines ist hier sicher: Sie überraschen stets mit Witz und unerwarteten Effekten und überzeugen das Publikum damit oft mehr durch ihr Augenzwinkern als ihre musikalische Faktur. Dieser Effekt wurde durch die Performance hier noch verstärkt.

Wolfgang Amadeus Mozarts Serenade in Es-Dur KV 475 wurde ursprünglich für je zwei Klarinetten, Hörner und Fagotte komponiert. Weder die Reduktion um ein Instrument noch der Austausch von Instrumenten beeinträchtigten das wunderbare Werk. Und so gut die Bühnenchoreographie an der Struktur der einzelnen Sätze angelehnt war, blieben doch letztlich musikalische Defizite: Der Klang geriet trotz der oft stimmigen Balance mit den schönen Details recht robust, so dass die dynamischen Unterschiede sehr gering ausfielen. Auch das Zusammenspiel, das bei der Transparenz Mozartscher Satzkunst ein beglückendes Moment sein kann, fiel angesichts der vielen Bewegungen nicht immer so präzise aus, wie man es sich gewünscht hätte.

Da waren die weiteren Werke von Igor Strawinski und Béla Bartók weniger empfindlich. Geradezu gefesselt reagierten die Zuhörer auf die sehr ideenreiche Bearbeitung des Klassikers "Tea for two" von Dmitri Schostakowitsch, die den Namen "Tahiti Trott" trägt, sowie die zwei Zugaben als Abschluss.

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