Die Angebote müssen verlockend geklungen haben. Luxusreisen in die Karibik und die Staaten am Persischen Golf. Ralf-Peter H., Geschäftsführer einer nicht mehr existenten "Internet-Reisebörse" im westlichen Landkreis, erweckte bei Interessenten ganz offenbar den Eindruck, als handle es sich um seriöse Offerten. Das waren sie aber nicht. Von Mai 2010 bis November 2011 buchten 49 Kunden Reisen im Wert von rund 2000 bis zu 8000 Euro bei ihm. Zwar kassierte der 43-Jährige die Beträge. Er überwies sie aber nicht an die Veranstalter. H. war zu jener Zeit bereits heillos verschuldet. Insgesamt nahm er rund 150 000 Euro für Reisetickets ein. Kein einziger seiner Kunden konnte jedoch einen Flug antreten, auch von seinem Geld sah keiner mehr etwas.
An diesem Montag saß Ralf-Peter H. mit vor der Brust verschränkten Armen auf der Anklagebank der zweiten Strafkammer am Landgericht München II. Wie es ihm gehe, erkundigte sich der Vorsitzende Richter, Oliver Ottmann, bei H. "Nicht toll", erwiderte der so leise, dass man ihn in den Zuschauerreihen des Sitzungssaals kaum verstehen konnte. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Betrugs in 87 Fällen erhoben. Die mutmaßlichen Betrügereien mit Reisen bilden dabei nur die Spitze eines Eisbergs.
Außerdem wirft die Anklage H. vor, er habe zwischen September 2009 und Dezember 2010 über das Internet bei zwei Versandhäusern unter anderem Kleider, Elektrogeräte, Möbel und Bettwäsche im Wert von fast 10 000 Euro bestellt, aber nicht vollständig bezahlt. Ob die Vorwürfe stimmen, fragte Richter Ottmann Ralf-Peter H. "Es stimmt", entgegnete der 43-Jährige wieder ganz leise und lies seinen Verteidiger Alexander Eckstein für sich sprechen. Die Reiseangebote habe sein Mandant deshalb ins Internet gestellt, damit die "Reisebörse" bekannter werde, so Eckstein. Allerdings habe er sich übernommen und eine Buchhaltung habe es in dem Unternehmen praktisch nicht gegeben. Mit den eingenommenen Beträgen aus dem Verkauf von Reisetickets habe der Angeklagte immer wieder nur "Löcher gestopft".
Bis vergangenen Freitag befand sich Ralf-Peter H. auf freiem Fuß. Als er jedoch dem Gericht ein Attest zusandte, wonach er derzeit verhandlungsunfähig sei, erließ die Kammer einen Haftbefehl. Somit verbrachte H. das Wochenende in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim. Ein Landgerichtsarzt, der ihn vor Beginn der Verhandlung am Montagmorgen untersuchte, kam zu dem Ergebnis, dass der 43-Jährige verhandlungsfähig sei, obwohl er an einer "leichten bis mittelgradigen Depression" erkrankt und "psychisch belastet" sei. Aus diesem Grund empfahl der Landgerichtsarzt den Richtern, nicht länger als vier bis fünf Stunden täglich zu verhandeln.
Gegen Ralf-Peter H., der nach Angaben seines Verteidigers, Rechtsanwalt Alexander Eckstein, wegen Betrugs mehrfach vorbestraft ist, laufen derzeit noch drei weitere Verfahren. In allen geht es um Betrug. Da der 43-Jährige zum Prozessauftakt ein Geständnis ablegte, deutet alles darauf hin, dass die Beweisaufnahme erheblich verkürzt wird und nur ein Teil der Zeugen vernommen werden muss.