München/Emmering:Mit dem Messer bedroht

Landgericht verurteilt 22-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe

Von Florian J. Haamann, München/Emmering

Die Entscheidung sei diesmal wirklich nicht leicht gewesen, sagt der vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Letztlich hat sich die Strafkammer des Landgerichts am Mittwoch darauf geeinigt, den Angeklagten noch einmal ohne Vollzugsstrafe davonkommen zu lassen. Zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt sie den 22-Jährigen, der im Januar vor einem Supermarkt in Emmering ein Pärchen mit einem Messer bedroht und Geld von ihm gefordert hat. "Sie haben jetzt noch eine Chance, aber es ist auch die letzte. Seien Sie sich dessen bewusst und nutzen Sie sie", sagt der Richter mit seinen Abschlussworten eindringlich in Richtung des Anklagten.

Mit einem sechs Zentimeter langen Messer hatte der junge Mann versucht, Geld von dem Paar zu bekommen. Einig waren sich Richter, Staatsanwältin und Verteidiger, dass es sich um eine Spontantat handelte und der Täter nur mit einem geringen Betrag gerechnet hatte. Außerdem glaubten sie ihm, dass er von Anfang an nicht vorgehabt hatte, das Messer zu benutzen. Der Angeklagte selbst bezeichnete die Tat bereits am ersten Verhandlungstag Ende Juli als Verzweiflungstat. Er habe Hunger gehabt und Angst, die Nacht auf der Straße verbringen zu müssen. Vor dem Überfall auf das Paar hatte Angeklagte bereits in einem Supermarkt eine Tüte Chips, Salzstangen und Nüsse geklaut - und das Messer, das er anschließend als Drohmittel nutzte. Gedacht gewesen sei es eigentlich für einen Bekannten, dem er noch ein Messer schuldete.

Erst am Tattag war der 22-Jährige aus der psychiatrischen Klinik entlassen worden. Dort war er drei Tage untergebracht, weil er zuvor erklärt hatte, er sei ein Terrorist und wolle Menschen töten. Ernst gemeint habe er das aber nicht, beteuerte er. Vielmehr habe er damit erreichen wollen, dass er zurück in seine brasilianische Heimat abgeschoben werde, weil er es hier einfach nicht mehr aushalte und nur noch zurück wolle. Anzeichen für eine psychische Erkrankung gebe es bei dem Angeklagten nicht, erklärte der zuständige Gutachter in seiner Aussage. Allerdings lege der Mann immer wieder ein ausgeprägtes manipulatives Verhalten an den Tag.

Dass er trotz Verurteilung wegen versuchter besonders schwererer räuberischer Erpressung mit einem relativ milden Urteil davonkommt, verdankt der Angeklagte seinem Verhalten noch am Tatort und im Gericht. Nachdem das Paar nicht auf seine Drohung reagiert und sich einfach entfernt hatte, hat er es nicht weiter verfolgt. Vielmehr ist er zum Supermarkt zurückgegangen, hat dort offenbar "Police, Police" gerufen, auf die Beamten gewartet, sich ohne Widerstand festnehmen lassen und direkt ein umfassendes Geständnis abgelegt. Auch die kriminelle Energie sei - den Umständen entsprechend - nicht allzu hoch gewesen. Hätte er wirklich viel Beute machen wollen, hätte er sich ein größeres Messer besorgt und nicht ein junges Paar, sondern einen Mitarbeiter des Supermarkts bedroht, befand der Verteidiger. Vor Gericht hat sich der Angeklagte bei den Opfern entschuldigt. Die haben die Tat unterschiedlich weggesteckt. Während der junge Mann das Geschehen offenbar verarbeitet hat, leidet die junge Frau bis heute. Sie traut sich auch sieben Monate danach nicht mehr alleine aus dem Haus. Die Bewährungszeit hat das Gericht auf fünf Jahre festgelegt, außerdem muss der Mann 200 Sozialstunden leisten. Das Urteil ist rechtskräftig.

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