Moorenweis:Trüffel aus dem Obstgarten

Ludwig Silbernagl hat sich adoptieren lassen um den Biohof von Stefan Silbernagl in Eismerszell leichter übernehmen zu können.

Von Ingrid Hügenell, Moorenweis

In einem schmalen, eingezäunten Streifen am Rand einer Streuobstwiese ist eine Reihe von kurzen, schwarzen Stangen zu sehen. Sie zeigen, dass hier Bäume gepflanzt wurden, 30 Haseln, Buchen und Eichen. Ihre Wurzeln tragen das Myzel von Burgundertrüffeln. Die Pilze leben in Symbiose mit den Bäumen. Ludwig Silbernagl, 24, hofft, in zwei bis drei Jahren die ersten der schmackhaften Knollen ernten zu können, die teuer gehandelt werden. Der junge Mann, ein gelernter Zimmermann, hat vor einem Jahr den Biohof Silbernagel übernommen. Er stammt nicht aus einer Bauernfamilie. Vielleicht tut er sich deshalb leichter, etwas Neues auszuprobieren, wie eben den Anbau von Burgundertrüffeln. Sie werden als nicht ganz so edel angesehen wie die schwarzen Périgord- oder die weißen Piemont-Trüffeln. Dafür wachsen sie auch in Oberbayern.

Der Biohof Silbernagl mit 40 Hektar Land liegt in der Mitte des Weilers Eismerszell, ganz im Westen des Landkreises Fürstenfeldbruck. Bis Geltendorf sind es nur vier Kilometer. Das Dorf gehört zu Moorenweis, es hat gerade einmal 200 Einwohner. Fährt man vom Hof mit seinem Hühnerstall weiter nach Westen, kommt man zu den Apfelgärten. Dort leben Gänse und Enten. Die Flächen der Silbernagls erkennt man leicht, sie sind von Hecken umgeben. Dicht beim Hof sind die Ackerflächen. Hinter den Apfelgärten, in denen 150 bis 170 Sorten Äpfel an 400 Bäumen wachsen, liegen die Weiden der Rinder. 90 Kühe und Kälber sowie ein Stier leben auf dem Hof in Mutterkuhhaltung. Das Futter für alle Tiere stamme vom Hof, nur die Salzlecksteine kaufe er zu, sagt Ludwig Silbernagl.

Der Verkauf des Rindfleisch vom Weideochsen ist die Haupteinnahmequelle. Auch Äpfel, Geflügel und Eier werden direkt vermarktet, an Privatkunden und Restaurants. Ludwig Silbernagl hat den Hof vor etwa einem Jahr von Stefan Silbernagl, 66, übernommen. Dazu ließ er sich adoptieren. Der alte Bauer ist unverheiratet und kinderlos, er kümmert sich überwiegend und mit Leidenschaft um die Apfelbäume. Ludwig lebt seit seinem zwölften Lebensjahr mit seinen leiblichen Eltern im Haus neben dem Hof. Dort hat er früh mitgeholfen, obwohl die Eltern mit Landwirtschaft nichts zu tun haben. Bei der Erwachsenen-Adoption vor drei Jahren hat er den Namen Silbernagl angenommen.

Moorenweis: Das Heu, das Ludwig Silbernagl an seine Rinder verfüttert, ist auf den eigenen Flächen gewachsen. Im Sommer sind die Tiere auf der Weide.

Das Heu, das Ludwig Silbernagl an seine Rinder verfüttert, ist auf den eigenen Flächen gewachsen. Im Sommer sind die Tiere auf der Weide.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Der ernste junge Mann ist gelernter Zimmermann und hat auf der Landwirtschaftsschule einen eineinhalbjährigen Abendkurs absolviert. Er macht gerne sein eigenes Ding, bei den Rindern wie beim Versuch der Trüffelzucht. Er gehört keinem Verband an. Der Hof ist nach der EU-Richtlinie biozertifiziert. Langsam will Silbernagl den Absatz seiner Produkte steigern, die Rinderherde vergrößern, mehr Gänse und Enten großziehen und so die Einkünfte aus der Landwirtschaft steigern.

Momentan erwirtschaftet er noch etwa 50 Prozent seines Einkommens mit dem Verleih von Baumaschinen, die er bei Bedarf auch selbst beim Kunden bedient. Von der Hebebühne aus schneidet er Bäume oder erledigt Maler-, Fassaden- und Dacharbeiten, der Mikrobagger kommt zum Einsatz, wenn es gilt, Wurzelstöcke zu entfernen. Für den Hof hat Ludwig Silbernagl alle nötigen Maschinen angeschafft. Überhaupt müsse viel investiert werden, sagt er. Der Senior hat nicht mehr viel Geld in seinen Hof gesteckt, er dachte ja lange, er habe keinen Nachfolger. Als Zimmerer kann er zum Glück viele Arbeiten selbst erledigen.

Die Rinder haben große Weideflächen zu Verfügung, wenn das Wetter es erlaubt, sind sie draußen. Jetzt, Mitte Dezember, stehen die Kühe mit ihren Kälbern in einem offenen Stall unterm Dach, sie werden mit Heu gefüttert. Schwarze Köpfe ohne Hörner und braune mit Hörnern tauchen ihre Mäuler ins Futter, malmen die langen Halme. Ludwig Silbernagl hat begonnen, die Galloway- in eine Abbrach-Herde umzuwandeln. Beides sind robuste Rassen, die man gut ganzjährig im Freien halten kann. Die schwarzen Galloways sind schottische Fleischrinder. Sie setzen auf den relativ nährstoffreichen bayerischen Weiden viel Fett an. Die Aubrac, braune französische Rinder, hätten ein feiner marmoriertes Fleisch. Zudem tragen sie im Gegensatz zu den meisten Galloways Hörner, das gefällt Silbernagl. Er ist der Auffassung, dass Hörner zu einer Kuh einfach dazu gehören und die Tiere sie zur Kommunikation brauchen - und um sich zu kratzen. Kühe würden aggressiv, wenn sie schlecht und auf zu engem Raum gehalten würden. "Meine Tiere sind ruhig und ausgeglichen, weil sie genug Platz und Futter haben."

Hofübernahme

Die Erwachsenenadoption wie bei Ludwig Silbernagl ist eine nicht unübliche Art, einen Bauernhof zu übernehmen. Der Vorteil: Es fallen weniger Steuern an als sonst bei einer Hofübergabe an jemand anderen als ein Kind. Der adoptierte Erwachsene übernimmt die finanzielle Verantwortung für das neues Elternteil. Im Fall des Silbernagl-Hofs hat der alte Bauer auch lebenslanges Wohnrecht in seinem Haus. Weil sich den Kauf eines Hofs laut Marianne Heidner vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nur Investoren leisten können, die selbst keine Landwirte sind, gibt es auch andere Möglichkeiten der Übergabe: über Pachtverträge oder die Errichtung einer Gesellschaft öffentlichen Rechts. Über die Hofbörse der Stiftung "Agrarkultur leben" unter www.hofsuchtbauer.de" finden abgebende und suchende Bauern zueinander. ihr

Wenn die Jungtiere nicht mehr bei den Kühen trinken, kommen sie auf eine eigene Weide mit eigenem Stall. Die jungen Stiere werden mit etwa einem halben Jahr kastriert, mit Betäubung und einem Schmerzmittel, etwas anderes käme für Silbernagl nicht in Frage. Mit zwei bis drei Jahren werden die Ochsen geschlachtet, und auch die Färsen, die jungen Kühe, die Silbernagl nicht selbst behalten will. Etwa 30 Tiere verkauft er pro Jahr. Sind genug Abnehmer beisammen, wird ein Tier geschlachtet. Das Fleisch kostet 13,50 Euro pro Kilogramm, die Zehn-Kilo-Pakete bestehen "aus einem Querschnitt durch den Ochsen"; alle Teile des Tiers werden verwertet, bis auf die Innereien. Die jungen Kühe werden mit zwei bis drei Jahren erstmals gedeckt, Muttertiere werden bis zwölf Jahre alt. Der Stier wird nach drei Jahren an einen anderen Züchter verkauft, dann kommt ein neuer auf den Hof, um Inzucht zu vermeiden.

Für die Trüffeln braucht Silbernagl einen Erntehelfer, der die Knollen erschnüffelt. Sie werden etwa 20 Zentimeter tief unter der Oberfläche liegen. Ein Hund oder vielleicht ein Schwein soll zeigen, wo sich das Graben lohnt.

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