Öffentlicher Nahverkehr:Unterwegs ohne eigenes Auto

Öffentlicher Nahverkehr: Die Bushaltestelle am Landratsamt. Drei Buslinien sollen auf Elektroantrieb umgestellt werden.

Die Bushaltestelle am Landratsamt. Drei Buslinien sollen auf Elektroantrieb umgestellt werden.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Ein Netz von Mobilitätsstationen soll im Landkreis etabliert werden. Wer mit Bus oder Bahn ankommt, kann mit dem Rad weiterfahren. Carsharing soll integriert werden.

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Ein Netz von Mobilitätsstationen soll in zwei Jahren die Fahrgäste im Landkreis zum Verzicht auf das Auto bewegen. Jeder Fahrgast soll mit unterschiedlichen öffentlichen Gefährten seine Reise zurücklegen können, je nachdem, ob er oder sie beruflich unterwegs ist, zum Einkaufen will oder mit der Familie einen Ausflug unternimmt. Die größeren Stationen haben Busverbindung, Anschluss an das Ruftaxi, die S-Bahn oder den Regionalzug. Außerdem kann man dort Fahrräder, Lastenräder und/oder E-Scooter ausleihen. Bei der kleinen Variante können Fahrgäste nur Räder ausleihen, auch Lastenfahrräder, aber es gibt keinen Anschluss an das ÖPNV-Netz. Alle Stationen sind gekennzeichnet durch eine einheitliche Stele.

Insgesamt soll ein Netz von 67 Mobilitäts- und Radstationen, etwa an den Bahnhöfen in Bruck, Germering und Puchheim oder vor der Kirche Sankt Bernhard im Brucker Westen aufgebaut werden. Der Landkreis hat 2018 damit begonnen, dieses System zu planen. Es wird mehr als 1,6 Millionen Euro kosten, wobei 80 Prozent das Bundesumweltministerium übernimmt. Mit dem Bau der Stationen soll im März 2023 begonnen werden, ein Jahr später als ursprünglich geplant, im Juli sollen die ersten in Betrieb gehen. Das gesamte Netz soll bis Sommer 2024 fertig werden.

Neun der 23 Kommunen im Landkreis beteiligen sich

Beteiligt sind die Städte Bruck, Germering, Olching und Puchheim sowie die Gemeinden Grafrath, Gröbenzell, Maisach, Mammendorf und Schöngeising, also neun der 23 Kommunen des Landkreises. Der Umweltausschuss des Kreistages hat am Donnerstag einstimmig eine Zweckvereinbarung zwischen dem Landkreis und diesen Kommunen beschlossen, welche die Kooperation regelt. Verkehrsreferent Hubert Ficker (CSU) hofft, dass die Stationen dazu beitragen werden, den Autoverkehr im Landkreis zu reduzieren. Zumindest sollten die Leute auf den Zweitwagen verzichten. Dafür sei als Alternative ein attraktives System notwendig. Norbert Seidl (SPD) sagte, er müsse etwas Wasser in den Wein gießen, nachdem mehrere Redner sich damit gebrüstet hatten, dass der Landkreis wegen seines ÖPNV-Systems bundesweit als Vorbild gelte. "Die Zulassung von Autos in der Kfz-Stelle steigt leider ständig weiter", sagte der Puchheimer Bürgermeister.

Öffentlicher Nahverkehr: So könnte die Mobilitätsstation Fürstenfeldbruck einmal aussehen. Wer mit Bus oder Bahn ankommt, kann seine Fahrt mit Leihrädern fortsetzen.

So könnte die Mobilitätsstation Fürstenfeldbruck einmal aussehen. Wer mit Bus oder Bahn ankommt, kann seine Fahrt mit Leihrädern fortsetzen.

(Foto: Landratsamt/oh)

Eine direkte Kooperation mit der Abteilung Rad der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) wird es anders als ursprünglich geplant so nicht geben, unter anderem wegen der Förderrichtlinien. Stattdessen muss der Radverleih extra ausgeschrieben werden, erklärte Martin Imkeller von der ÖPNV-Stabsstelle im Landratsamt der SZ. Die MVG könnte dann als ein Bewerber ein Angebot abgeben.

Es wird auch noch keinen einheitlichen MVV-Tarif für Tickets und Verleih geben. Die Fahrgäste können mit dem Smartphone auf der MVV-App Tickets für S-Bahn und Bus buchen und zugleich checken, ob an ihrer Haltestelle Räder zur Verfügung stehen, und eines buchen. Was die Bezahlung betrifft, werden sie zunächst zu den jeweiligen Anbietern weitergeleitet werden. Das Ziel sei jedoch ein integriertes System, betonte Imkeller.

Was das Carsharing betrifft, so werden die bestehenden Angebote in Germering, Puchheim und Schöngeising in das System integriert. An den neuen Stationen, die der Landkreis und die Kommunen bauen lassen werden, stehen jedoch keine Autos zur Verfügung. Geliehene Fahrräder können nicht einfach irgendwo abgestellt werden wie in München, sondern müssen zu einer Station gebracht werden.

Die Umstellung auf Elektrobusse wird vom Bund gefördert

Der Ausschuss beschloss außerdem die Umstellung von drei Buslinien auf Elektroantrieb. Betroffen ist die Linie 830 von Puchheim über Gröbenzell nach Lochhausen, die werktags von knapp 3000 Fahrgästen benutzt wird. Die Mehrkosten für Elektrobusse samt Ladestationen liegen bei knapp 300000 Euro im Jahr, insgesamt würde das Defizit auf bis zu 1,3 Millionen steigen. Aus Gründen der Betriebssicherheit müssen auch fünf Busse angeschafft werden gegenüber vier Fahrzeugen mit Dieselmotor. Die Bundesregierung übernimmt jedoch 80 Prozent der Mehrkosten und der Freistaat schießt 10000 Euro für den Kauf jedes neuen Fahrzeugs zu. Das reduziert die Mehrkosten für den Landkreis auf etwa 128000 Euro. Das Defizit dürfte weiter schrumpfen, wenn der Preis für Diesel so hoch bleibt oder noch weiter steigt wie derzeit durch den Ukrainekrieg, sagte Hermann Seifert, Leiter der Stabstelle ÖPNV.

Auf Elektrobusse umgestellt werden außerdem die Linien 835 in Olching sowie die Linie 843 zwischen Bruck, Emmering und Olching. Die Mehrkosten werden sich zwischen 167000 und 262000 Euro bewegen. Beide Linien sind so stark nachgefragt, dass an manchen Tagen nicht alle Passagiere mitfahren können und auf den nächsten Bus warten müssen. Deshalb wird der Zehn-Minuten-Takt im Berufsverkehr ausgeweitet. Die Linie 843 trägt sich bereits zu 94 Prozent selbst.

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