Mobilität:Elektrisierende Ladenhüter

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Mit Strom zu fahren gilt als umweltfreundlich und günstig. Doch der große Boom im Landkreis lässt auf sich warten. Die Brucker Stadtwerke wollen nun mit einem dichteren Ladenetz Anreize für den Umstieg schaffen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Alle reden vom Elektroauto, aber kaum jemand steigt um. So ist das auch im Landkreis. Das liegt an den immer noch vergleichsweise hohen Kosten, dem überschaubaren Netz an Ladestationen - und vor allem an der menschlichen Urangst, irgendwo mit leerer Batterie saft- und kraftlos liegen zu bleiben. Vor allem große und leistungsfähige Elektroautos schneiden zudem in der Umweltbilanz gar nicht so gut ab, sofern diese den gesamten Lebenszyklus erfasst. Dann nämlich schlägt der Einsatz von Energie und seltenen Metallen bei der Produktion und die Entsorgung zu Buche.

Die Stadtwerke Fürstenfeldbruck setzen dennoch auf die E-Mobilität, um endlich die Klimawende anzuschieben - will der Landkreis doch bis 2030 unabhängig von fossilen Brennstoffen werden. Im Idealfall wird der Strom regenerativ erzeugt. Das bringt zwar wenig in punkto Verkehrsbelastung, Parkproblem und Feinstaubemission durch Reifen- und Bremsabrieb - da hilft letztlich nur der Umstieg aufs Rad oder auf Bus und Bahn. Wohl aber bedeutet die Fortbewegung im Elektroauto eine Entlastung bei der lokalen Emission von Kohlendioxid, Feinstaub und Stickoxid.

Unter Strom: Immer mehr Batteriemodelle werden angeboten (hier Fiat-500-Testfahrzeuge). (Foto: Jens Büttner/dpa)

Eltern sind ihren Kindern ein Vorbild - und viele Bürger orientieren sich immer noch daran, was der Nachbar in der Garage stehen hat, außerdem an der Lokalprominenz, zu der vor allem Politiker zu zählen sind. Blickt man in die Kommunen, dann gibt es durchaus erfreuliche Ansätze: Brucks OB Erich Raff (CSU) und seine Gröbenzeller und Puchheimer Amtskollegen Martin Schäfer (UBV) und Norbert Seidl (SPD) sind, ebenso wie einige andere Bürgermeister in den Landkreisgemeinden, regelmäßig mit dem Fahrrad unterwegs. Bei Bedarf steigt Raff auch mal in ein mit Erdgas oder Strom betriebenes Autos des städtischen Fuhrparks. Der Zweck bestimmt also die Wahl des jeweils geeigneten Verkehrsmittels. Im Idealfall ist es die Kombination verschiedener Verkehrsmittel: Kreisstadt und Landkreis wollen denn auch mit sogenannten Mobilitätsstationen Rad, Bus, Bahn und Auto alltagstauglich vernetzen.

Längst hat die Einsicht Einzug gehalten, dass sich von der Größe des Autos nicht auf die Bedeutung des Menschen schließen lässt. So faltet der Germeringer Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) seine fast zwei Meter in einen kleinen Elektro-Smart-Dienstwagen. Eher den "klassischen Weg" geht Landrat Thomas Karmasin (CSU), der sich von einem BMW 740 Diesel in Langversion befördern lässt - mit einem Testverbrauch von knapp neun Litern auf hundert Kilometer hält das fast zwei Tonnen schwere Fahrzeug seinen Durst immerhin mehr im Zaum als viele vergleichbar große Luxuslimousinen.

Der Landkreis glänzt gleichwohl mit einem leistungsfähigen System von Bussen, in den späten Abendzeiten übernehmen die nicht ganz so zuverlässigen Ruftaxen. Drei Fahrzeuge des Landkreis-Fuhrparks werden elektrisch betrieben, zum Laden stehen zwei Säulen zur Verfügung. Auf der Homepage wird auf Förderprogramme hingewiesen (Stichwort). Und es gibt das Bekenntnis, der Landkreis setze "sich für den Ausbau von Elektromobilität ein", um die Klimaschutzziele zu erreichen. Von der Homepage aus gibt es einen Link zum Ladeatlas Bayern, der im Landkreis etwa 20 Stationen auflistet, mit Adresse, Ladeleistung und Öffnungszeiten - wichtige Informationen für Autofahrer, deren E-Mobil eine begrenzte Reichweite hat und nicht einfach eine normale Tankstelle ansteuern kann. Hier setzen auch die Fürstenfeldbrucker Stadtwerke an, die mit CO₂-neutralem Biomethan und Ökostrom umweltfreundliche Energiequellen im Angebot haben. In der Kreisstadt soll das Netz auf 14 jeweils 22 Kilowatt-Ladestationen ausgebaut werden: Sechs Ladesäulen am Hauptsitz an der Cerveteristraße und je zwei am Schwimmbad Amperoase an der Klosterstraße, Am Engelsberg, an der Otl-Aicher-Straße im Westen sowie am alten Stadtwerke-Standort an der Bullachstraße. Auch für Mammendorf und Stegen am Ammersee gibt es Pläne.

Zum 1. August stellen die Stadtwerke von zeit- auf eine leistungsbasierte Abrechnung um. Bis 2017 war das Stromtanken bei den Stadtwerken ganz kostenlos. Doch auch mit den neuen Tarifen wird der Versorger die Kosten noch nicht erwirtschaften. Etwa zwölf Vollladungen pro Tag wären dafür erforderlich. Am Standort Bullachstraße werden zurzeit knapp drei Vollladungen erreicht. Immerhin wird das Bezahlen immer einfacher. Wer eine Kundenkarte einsetzt, kommt in den Genuss von Vergünstigungen. Bezahlt werden kann aber auch per App mittels Banküberweisung oder über den Anbieter Ladenetz.de, mit dem die Stadtwerke über eine Roaming-Vereinbarung verbunden sind. Das größte Potenzial sehen Stadtwerkechef Bernd Romeike und Vertriebsleiter Andreas Wohlmann im häuslichen Bereich in Form sogenannter Wallboxen. Denn die Ladezeiten sind zwar immer kürzer geworden, in einer halben Stunde lassen sich viele Batterien an leistungsfähigen Anlagen zu 80 Prozent laden (freilich auf Kosten der Langlebigkeit). Aber am bequemsten ist es eben doch in der heimischen Garage. Im Idealfall steht dort auch noch Strom zur Verfügung, der auf dem Hausdach für den Eigenbedarf erzeugt wird.

Noch Zukunftsmusik ist die Kombination Batterie-Brennstoffzelle, die bei Bussen oder Lastwagen bereits serientauglich ist. Die Puchheimer Firma Proton hofft hier langfristig auf einen Durchbruch.

© SZ vom 27.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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