Mitten in Puchheim:Skurrile Algorithmen

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Es gibt Momente, da verstehen sogar onlineaffine Menschen die schöne neue Digitalwelt einfach nicht mehr

Kolumne von Florian J. Haamann

Es gibt Momente, da verstehen sogar onlineaffine Menschen die schöne neue Digitalwelt einfach nicht mehr. Und so nennt die Puchheimer Buchhändlerin Nicola Bräunling das, was ihr am Mittwochnachmittag passiert ist, in aller Zurückhaltung erst einmal "komisch ...". Eigentlich wollte sie nur eine Veranstaltung in der kommenden Woche bei Facebook bewerben: einen Abend über Mark Twains 1880 erschienenes, höchst unterhaltsames Buch über seine Europareise. Also nichts Bedenkliches oder gar Grenzwertiges, vor allem auf einem Portal, auf dem sonst allerhand Zweifelhaftes zu finden ist. Doch Bräunling hatte die Rechnung ohne den Wirt, in diesem Fall den Algorithmus des sozialen Netzwerks, gemacht. Denn als sie ihre Werbung veröffentlichen wollte, erschien lediglich eine rot leuchtende Warnung. "Die Anzeige kann nicht geschaltet werden: Richtlinienüberprüfung erforderlich". Anscheinend, so heißt es weiter, enthalte die Anzeige Werbung für Immobilien, Kredite oder Stellenangebote.

Woran genau Facebook Anstoß nimmt, wird leider nicht erwähnt. Und so veröffentlicht Bräunling die Absage mit Screenshot, hoffend, dass einer ihrer Freunde das Problem identifizieren kann. Schnell entwickelt sich eine Diskussion, es wird überlegt und spekuliert. "Vielleicht zuviel Text" ist eine Theorie, ein anderer Helfer zeigt sich überzeugt davon, dass das Problem im Wort "amerikanisch" liegt. Und es gibt noch einen dritten Ansatz: Vielleicht liege es ja am Foto und die Erkennungssoftware hält die darauf abgebildeten Bücher für Häuser.

Woran es nun wirklich gelegen hat, das konnte so freilich nicht geklärt werden. Doch wie es sich für einen guten Krimi gehört, verspricht Bräunling, über die weitere Entwicklung der Geschichte zu berichten. Bis zum Donnerstagnachmittag allerdings gab es noch keine Neuigkeiten. Und so bleibt der geneigte Leser mit einem Eindruck zurück, den eine Kommentatorin in zwei Worten wunderbar poetisch zusammengefasst hat: "Sehr skurril".

© SZ vom 18.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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