Süddeutsche Zeitung

Mitten in Puchheim:Eine Stadt wird wieder Stadt

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Von der Reurbanisierung urbanen Raums

Von Christian Lamp

Seit 2005 gibt es den "Park(ing) Day", einen Tag im September, an dem graue, für Autos bestimmte Parkplätze in subversiven Flower-Power-Guerilla-Aktionen zu grünen Parkplätzen umgewandelt werden: Parks als öffentliche Räume mitten in der Stadt. Natürlich stammt die Idee aus San Francisco. Einmal das Hippie-Flair projizieren, das dachten sie sich wohl nun in Puchheim. Und so kam es, dass 2017 zum ersten Mal auch dort ein Park(ing) Day stattfinden soll. In der Ankündigung ist allerdings von einer Reurbanisierung der Innenstädte die Rede. Man stutzt. Sind nicht Städte per definitionem urbanisiert? Im grünen Pons-Wörterbuch ist dann auch zu lesen: "urbs, urbis", femininum, Latein für - die Stadt. Der Puchheimer Park(ing) Day will nicht nur eine Verstädterung (Urbanisierung) der armen Innenstadt, er will sogar eine Reurbanisierung - die sich als eine Art "Wiederverstädterung" übersetzen ließe. Puchheim, das überhaupt erst vor sechs Jahren von der Gemeinde zur Stadt befördert worden ist, spricht damit seiner Innenstadt den Stadtstatus ab, den man zumindest als Zeichen an diesem einen symbolischen Park(ing) Day im September wieder erringen will. Man verstünde das vielleicht, käme die Meldung aus der morbiden Autopowerstadt Detroit mit ihren verfallenden Häusern und gähnenden Fensterhöhlen.

Aber wenn Puchheim an etwas leidet, dann bestenfalls an zu viel Stadt - siehe Planie mit ihren Hochhäusern. Zum Glück existiert die babylonische Sprachverwirrung nur auf dem Papier. Das offizielle Manifest proklamiert unmissverständlich: Der Park(ing) Day sei ein Umdefinieren der eingeschriebenen Funktionen öffentlicher städtischer Räume - spezifisch der Parkplätze - zugunsten kreativer sozialer, politischer und künstlerischer Experimente. Park statt Parken. So dürften das die Puchheimer auch gemeint haben.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2017
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