Süddeutsche Zeitung

Mitten in Puchheim:Baumpaten für Bauherren

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Statt einer Baumschutzverordnung wollen die FW in Puchheim ein Paten-Portal. Die Bürgermeisterkandidaten übernimmt schon einmal die Patenschaft für den Maibaum - augenzwinkernd natürlich

Kolumne von Peter Bierl

Seit der Romantik haben teutsche Dichter, Denker und Heimatschützer die Deutschen zum tiefsinnigen Waldvolk stilisiert, im Gegensatz etwa zu Welschen oder Engländern. Die Ideologie diente als Rechtfertigung für den Raubbau. Diese steile These war dann irgendwann nicht mehr opportun, sodass solche Regungen fortan auf edle Wilde projiziert wurden: Die Indianer sollen Bruder Hirsch um Vergebung gebeten und jeden Baum umarmt haben, bevor sie Fauna und Flora den Garaus machten. Das Modell wollen die Freien Wähler in zeitgemäßer Form auf Puchheim übertragen.

Sie wollen keine Baumschutzverordnung und auch nicht die Behörden auf Trab bringen, damit diese Frevler mit saftigen Geldstrafen versehen, die das Gesetz für jene vorsieht, die ohne Genehmigung Bäume umhauen, die per Bebauungsplan geschützt sind. "In der Praxis hat sich gezeigt, dass bei dem in der Regel gewünschten Bau von Wohnraum vorhandene Bäume, aufgrund der mit den Grundstückspreisen dichten Planungen, nicht prioritär behandelt werden", schreiben die Freien Wähler, nicht elegant formuliert, aber unmissverständlich.

Die beklagenswerte Spezies der Grundeigentümer und Bauherren verdient Verständnis und Solidarität statt Gängelung. Die FW-Bürgermeisterkandidatin Gudrun Horn schlägt darum eine Baumpatenschaft vor. Man möge ein Portal im Internet einrichten, wo sich alle melden können, die jenen helfen wollen, denen so ein Baum im Weg steht oder denen eine Neupflanzung ganz unmöglich ist. Frau Horn hat schon mal "persönlich" die Patenschaft für den Maibaum übernommen, auch wenn der wenig Sauerstoff produziere, wie sie "augenzwinkernd" ergänzt.

Die "sympathische Puchheimerin", so der FW-Pressesprecher über die FW-Kandidatin, setzt auf Sensibilisierung und Eigenverantwortung, ganz wie in der großen Politik, wo Freiwilligkeit und Selbstkontrolle auch gerne Auflagen für Unternehmen vorgezogen werden. Weit haben wir es damit gebracht und den Klimawandel bekanntlich abgewendet.

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Quelle:
SZ vom 24.01.2020
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