Mitten in Olching:Blickdichte Lärmschutzwand

Warum die Bahn Graffiti nicht entfernen lassen will

Kolumne von Katharina Knaut

Wer sich beim samstäglichen Einkauf in Olching Baustellen und Verkehrschaos ersparen will, stellt das Auto möglichst abseits der belebten Hauptstraße ab, je nach Art der Besorgung am Volksfestplatz oder vor der S-Bahnunterführung am Ilzweg. Spaziert man dann gemütlich Richtung Zentrum, fällt der Blick zwangsläufig auf die Bahngleise, die über der Straße verlaufen beziehungsweise auf die durchsichtige Schallschutzwand, die die Schienen von der Stadt abschirmt. Wobei durchsichtig ein relativer Begriff ist. Wilde Linien gesprühter Farbe bedecken die Trennwände, bildhafte Schriftzeichen, Zahlen, Augen, ja sogar einen Pilz glaubt man erkennen zu können. Die Farben reichen dabei von rosa bis hin zu einem schlammigen Grün. Auf der anderen Seite ergibt sich ein ähnliches Bild, wenn hier auch Schriftzüge dominieren, weniger dicht, weniger farbig, ja beinahe schon streng.

Sofort beginnt der müßige Spaziergänger zu philosophieren: Was die verschlungenen Buchstaben wohl bedeuten? Und was hat es mit der Zahl 770 auf sich, die so wichtig schien, dass man sie gleich dreimal auf die Wand schreiben musste? Bilden die scheinbar wahllos hingesprühten Gebilde am Ende eine Botschaft, einen geheimen Code? Das könnte zumindest Bürgermeister Andreas Maggs plötzlich aufkommenden Ärger über die seit Jahren übermalte Wand erklären. Erst kürzlich verkündete er im Stadtrat, dem seit einem halben Jahr massiv verdichtenden Graffiti den Kampf angesagt zu haben. Er forderte von der Deutschen Bahn, der das Gelände gehört, die Farbe zu entfernen. Die AG reagierte mit kühler Ablehnung: Da sich das Gesprühte überwiegend an der Innenseite der Wand befindet, müsste die Trasse zur Säuberung gesperrt werden. Zu unverhältnismäßig, so laut Magg die Begründung.

Eine sehr direkte Ablehnung, und das, obwohl man sich in der Paulusgrubenfrage doch gerade einig zu werden schien. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt. Sind die kryptischen Schriftzüge am Ende eine bildhafte Sprache für "Stoppt den Umbau, für den Erhalt der Paulusgrube"? Die Bahn stand dem Vorhaben ja lange Zeit skeptisch gegenüber. Das letzte Wort ist in der Angelegenheit jedenfalls noch nicht gesprochen. Magg kündigte an, im Sommer bei einem Besuch in Berlin entsprechende Optionen auszuloten. Außerdem solle die Bahn zumindest an den Stellen, an denen das Graffiti die Außenseite der Wand ziert, entfernen. "Wir nehmen das nicht hin."

Einstweilen bleibt dem müßigen Spaziergänger ausreichend Zeit, die Schriftzüge zu entschlüsseln.

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