Mitten in Mammendorf:Tarnfirma Kieswerk

Bei einem virtuellen Spaziergang zeigt sich, wie der Landkreis schummelt

Von Florian J. Haamann

Es gibt sie immer wieder, die kleinen, verbotenen oder halblegalen Dinge, für die man unbedingt eine gute Ausrede braucht: die regelmäßigen privaten Überstunden mit der Sekretärin, eine Einladung, die man nicht wahrnehmen möchte oder einfach mal ein freier Abend von der Familie, den man dem misstrauischen Partner nicht erklären möchte. Weil es aber nicht immer ganz leicht ist, sich ein gutes Alibi zurecht zu legen, gibt es im Zeitalter der kuriosen Dienstleistungen im Internet zahlreiche Agenturen, die genau diesen Service anbieten: Anlassbezogene Alibis, zu kaufen von der Einzelleistung bis hin zum Rundum-Sorglos-Paket, von der fingierten Seminarbestätigung mit und ohne Telefonanruf über gefälschte Urlaubsfotos bis hin zum gefakten Lügendetektortest. Und für ganz besondere Bedürfnisse gibt es sogar permanente Alibis, die sogar ein Doppelleben ermöglichen sollen. Was aber machen Behörden und Geheimdienste, wenn sie etwas vorhaben, das nicht an die Öffentlichkeit gelangen soll? Klar, sie gründen eine Tarnfirma. Neu ist dabei nur, dass nun offenbar auch das Brucker Landratsamt auf genau diesen Trick zurückgegriffen hat.

Nur durch Zufall und ein offenbar unbemerktes Datenleck ist diese Geheimniskrämerei nun aufgeflogen. Macht man sich mit dem Kartenservice von Bing, einem Konkurrenten des Marktführers Google, auf einen virtuellen Spaziergang durch den Landkreis, schlendert von Mammendorf entlang der Jesenwanger Straße Richtung Süden, bleibt der Blick, der eben noch über grüne Ackerflächen geschweift ist, plötzlich an einem Ortshinweis hängen. "Landratsamt Fürstenfeldbruck" heißt es da, mitten im Nirgendwo. Ein Blick auf die Konkurrenzkarte von Google verzeichnet an jener Stelle ein Kieswerk. Aha! Bei Google also spielt man das Spiel des Landrats mit, während man bei Bing einen auf Wikileaks macht. Nur eines wird durch die Satellitenaufnahme nicht deutlich: Was das Landratsamt auf seinem geheimen Areal im westlichen Landkreis eigentlich macht, von dem die Bürger nichts mitbekommen sollen. Das lässt natürlich Raum für Spekulationen: Sucht man dort vielleicht gar nach Lösungen für die Verkehrsprobleme? Den Erziehermangel? Die Wohnungsnot?

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