Mitten in Maisach:Prämierung der kopflosen Schafe

Schafott, Schafkopf oder Schafzucht? Der Sonntag auf der Festwoche

Von Stefan Salger

Im dunklen Mittelalter traten bei Werkzeugen, die teils im Lichte der Öffentlichkeit eingesetzt wurden, Schwachstellen zutage. Streng genommen mussten sich Beil und Schwert die Defizite nicht ankreiden lassen, sondern die Fachkräfte, die sich ihrer bedienten. Henri Sanson, seines Zeichens Henker von Paris, hat später, im 18. Jahrhundert, die Nachteile der bekannten Hinrichtungsmethoden beschrieben. Auf Details wollen wir an dieser Stelle verzichten. Die systemischen Mängel jedenfalls riefen den Arzt Joseph-Ignace Guillotin auf den Plan. Seine "niemals versagende Maschine" ersann er mit gutem Gewissen, sollte sie den zum Tode verurteilten Delinquenten doch unnötiges Leid ersparen. In der Französischen Revolution erfreute sich das Fallbeil größter Beliebtheit. Ihr Einsatz stellte sicher, dass niemand ungeschoren davonkam.

Am Wochenende scheint sich die Sache mit dem Nicht-ungeschoren-davonKommen als graue Theorie und historische Fake News zu entpuppen. Da beginnt am Samstag um 12 Uhr im Schatten des Maisacher Volksfestzelts der Internationale Jungzüchterwettbewerb "Rund ums Schaf". Weil nicht jedem Schweinsbraten oder Grillhendl schmecken und regionale Vermarktung frischer Produkte ganz oben auf dem Wunschzettel des Verbrauchers stehen, entnimmt man dem Programm wohlwollend den Folgetermin um 13.30 Uhr: Schafkopfen. Mysteriös wird es dann aber am Sonntagmorgen um 9 Uhr. Als wäre nichts geschehen, führt das Programm zwar den schlüssigen Punkt "Alles rund ums Schaf - mit Bewirtung im Bauhof" auf, im gleichen Atemzug aber wird eine "Schaf- und Ziegenprämierung" angekündigt. Dieser Prophezeiung zufolge könnten einige Schafe also, Schafott hin oder her, ungeschoren davonkommen - von Kopflosigkeit keine Spur. Entweder die Schafzüchter sollten schleunigst eine niemals versagende Maschine aus dem Museum holen. Oder mit dem Schafkopfen war vielleicht ja doch ein ganz profanes bayerisches Kartenspiel gemeint.

In diesem Fall stünde es dem Autor dieser über Schneider-schwarz-Niveau nicht hinauskommenden Zeilen gut zu Gesicht, Abbitte zu leisten - wie dies schon im Mittelalter sehr populär war. In Betracht käme alternativ die weltliche Variante: das Gnadengesuch beim zuständigen Herrscher. Da kann man gleich auf dem Volksfest bleiben: Um 12 Uhr, nach der Schafprämierung, wird die Wollkönigin gekrönt.

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