Mitten in Maisach:Inflation der Osterfeuer

In Maisach gibt es immer mehr Osterfeuer. Zu viele, wie der Bürgermeister findet. Nun sollen Gespräche mit den Veranstaltern Abhilfe schaffen

Von Ariane Lindenbach

In einer immer komplexer werdenden Welt steigt das Bedürfnis nach Überschaubarkeit, nach dem Gefühl geerdet zu sein. Back to the Roots also, zurück zu den Wurzeln, wenn im echten Leben der Kühlschrank selbständig Lebensmittel ordert und in der Weltpolitik Männer mit pathologischem Geltungsdrang Atomraketen testen, fremde Regionen okkupieren oder ihre Lügen so lange öffentlich wiederholen, bis sie wohl denken, dass ihnen jetzt jeder glauben muss. Bei so vielen Unwägbarkeiten - und das sind nur die politischen - ist es nur verständlich, dass der Mensch nach Halt sucht.

Soziologen beobachten das Phänomen schon seit Jahren. Es gibt auch eigene Begriffe dafür. "Cocooning" etwa ist der Trend, sich in die eigenen vier Wände zurückzuziehen, und die gefährliche unüberschaubare Welt draußen zu lassen. Jahreszeitlich passende Dekoartikel gibt es inzwischen auch schon in jedem gut sortierten Supermarkt zu kaufen. Überdies greifen junge Leute plötzlich wieder zu handfesten Beschäftigungen wie Stricken, Fischen oder Marmelade einkochen. Letzteres kann man in Hochglanz-Magazinen lernen, die das Bild von der schönen heilen Welt draußen auf dem Lande zelebrieren. Der Trachtenboom passt ebenfalls dazu, was zur Renaissance von Burschenvereinen und Bräuchen wie dem Maibaumaufstellen und dem Osterfeuer führt.

Letzteres ist in Maisach so beliebt, dass es dort zuletzt "eine inflationäre Steigerung von Osterfeuern" gab, wie Bürgermeister Hans Seidl jüngst im Gemeinderat bemängelte. Alleine drei sind 2017 dazu gekommen, insgesamt waren es 15 - in einer Kommune mit nicht einmal 15 000 Einwohnern. Allein in dem kleinen Gernlinden-Ost brannten an Ostern vier Feuer. Nicht nur der Rathauschef fand das zuviel. Josef Strauß macht in Germerswang seit 50 Jahren Osterfeuer. Er könne sich nicht erinnern, dass es jemals so viele waren, sagte er. Seidl erwähnte zwei nicht eingehaltene Brandwachen, zudem besteht der Verdacht, dass manche das Feuer nur nutzen, um Gartenabfälle bequem zu entsorgen. Es drohte ein Verbot für die neueren Veranstalter. Das konnte Alfred Hirsch (FW) gerade noch mit seinem Vorschlag abwenden, die Veranstalter im Gespräch zu einer Reduzierung zu bewegen. Darauf hoffen nun alle. Denn die Osterfeuer sollen die Begegnung fördern, nicht das Abfackeln von Gartenschnitt.

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