Mitten in Kottgeisering:Forever Bürgermeisterin

Es handelt sich nicht um eine Zeitschleife, sondern nur ums Internet. Aber dort ist Sandra Meissner immer noch Rathauschefin von Kottgeisering

Kolumne von Stefan Salger

Ein Traum der Menschheit wird immer wieder geträumt, mag er sich auch nie erfüllen. "Forever young" sang die deutsche Band Alphaville 1984, auch wenn Freddie Mercury von Queen erste Zweifel kamen: "Who wants to live forever?" Fakt ist: Sieht man von Pippi Langstrumpf ab, werden aus kleinen Quälgeistern betagte Senioren, die gerne in der guten alten Zeit schwelgen. Sie erkennen aber mehrheitlich, dass das Leben kein großes Wünsch-dir-was ist und dass man in den glücklichsten Momenten nicht einfach die Uhr anhalten kann, um das ewig auszukosten. Rein theoretisch könnte man ja ziemlich flexibel in Zeit und Raum reisen - sofern man schneller wäre als das Licht. Grau erinnert man sich an den Physikunterricht. Weil man Albert Einsteins Schlussfolgerungen geistig nie vollends durchdrungen hat, ist man gottfroh, dass damals während einer Klausur niemand die Uhr angehalten und einen in einer endlosen Zeitschleife gefangen hat.

In der modernen Welt gibt es einfachere Möglichkeiten, den Zwängen der Zeit zu entkommen - quasi per Federstrich. Statt in eine ultraschnelle Rakete mit Warp-Antrieb zu steigen, surfen wir zum allwissenden Online-Lexikon Wikipedia, das dafür bekannt ist, die letzten Winkel dieser Welt auszuleuchten. Im Lichtstrahl taucht das kleine Kottgeisering auf. Wir lesen, dass Funde auf eine Besiedelung bereits in der späten Hallstattzeit schließen lassen. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort 829 als "Kysalheringas". Als Bürgermeisterin wird Sandra Meissner genannt. Wörtlich heißt es etwas weiter unten: "An der Gemeindespitze steht seit 1. Mai 2014 Sandra Meissner (Bürgervereinigung); sie wurde 2020 im Amt bestätigt."

Das freilich versteht man nun etwa ebenso gut wie Einsteins Relativitätstheorie. Hatte Meissner nicht im Mai auf eine erneute Kandidatur verzichtet? Hatte sie sich nicht - letztlich ohne Erfolg - für die Freien Wähler für das Amt der Landrätin beworben? Wer hat hier nicht nur glückliche Momente aus der guten alten Zeit konserviert, sondern auch noch Pippi Langstrumpf nachgeeifert ("Ich mach' mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt")? Die Spur führt zum Wikipedia-Autor der "Version vom 29. Mai 2020, 19.29 Uhr" und damit zum Heimatkundler Adalbert R. aus dem Landkreis Donau-Ries. Gewiss ist ihm mit der Wiederwahl Meissners lediglich ein misslicher Lapsus unterlaufen. Vielleicht war unbewusst der Wunsch Vater des Gedanken - auch R. gehört den Freien Wählern an.

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