Mitten in Gröbenzell:Saufen unter Aufsicht

Wenn sich 250 junge Menschen treffen, um bierlastig zum Umzug in den Nachbarort zu ziehen, ist das kein Faschingsscherz mehr. Bürgermeister, Sozialpädagogen und Polizei müssen diesen Kastenlauf begleiten

Von Christian Hufnagel

Wer in der Randbebauung einer Metropole lebt, muss sich in der Regel ein bestimmtes Klischee wie einen abgeschmackten Karnevalsorden umhängen lassen. Dort, wo er lebe, sei nichts los, schon gar nicht auf öffentlichem Grund. Die Bürgersteige hätten einen Frequenzmechanismus eingebaut und würden sich automatisch hochklappen, wenn sie niemand mehr begehe. Und dieser Zustand trete nicht erst am Abend ein, sondern bereits am helllichten Tage. Wegen gähnender Leere. Die jüngsten Tage haben die Schandmäuler freilich Lügen gestraft. In einigen Orten war auf den Straßen echt was los. Es ist zwar nicht so, dass sich die Menschen auf die Füße getreten hätten. Aber es waren schon zum Teil außerordentliche Mengen zu bestaunen, die sich da zu einem bestimmten Zwecke bei eisiger Kälte getroffen haben: In Puchheim waren es mehr als 500, die Kerzen trugen und sich zu einer Lichterkette zusammenschlossen, um für eine weltoffene Gesellschaft zu demonstrieren. Immerhin 40 Frauen tanzten ein paar Tage später auf einem Platz in Germering gegen Gewalt durch Männer an.

Und dann war da natürlich der Fasching. Ein ewiger Publikumsmagnet. Frei von jeglicher Botschaft zog er wieder Abertausende hinaus auf die Bürgersteige. In Gernlinden, Mammendorf und zuvorderst Olching schlängelten sich verkleidete Wagen durch ein Meer aus närrisch vermummten Menschen. Das alles rein zum Amüsement. Was ja vollkommen in Ordnung ist. Als Realsatire entpuppte sich freilich ein Menschenauflauf am Rande des bunten Treibens. In Gröbenzell sammelten sich nicht weniger als 250 junge Leute und hatten nur eines im Kopf, der dann auch schon bald vollständig vernebelt war: Saufen, und nochmals saufen. Trägerweise Bier leerten sie bei ihrem sogenannten Kastenlauf hinüber zum Faschingsumzug in Olching. Und damit diese Ballermann-Abart nicht wieder so gefährlich ausartete wie vor ein paar Jahren, als der Zug der Betrunkenen an den Bahngleisen herumschwankte, hatte die krude Veranstaltung maximal mögliche Begleitung und Schutz erhalten: von Bürgermeister, Sozialpädagogen und Polizei. Eine weniger aufwendige Prävention hätte es freilich auch gegeben: hochgeklappte Bürgersteige.

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