Süddeutsche Zeitung

Mitten in Germering:Flink mit dem Controller

Bei der E-Sport-Meisterschaft der Freien evangelischen Gemeinde gewinnt Arne Sturm mit seinem Team. Welches das ist? Deutschland jedenfalls nicht

Kolumne von Christian Hufnagel

Es ist der Traum eines jeden Kickers: Nicht nur Trainer, Spieler oder Spieltrainer zu sein, sondern Trainer und in seiner Mannschaft alle Spieler zugleich. Was in der analogen Welt natürlich ein Ding der Unmöglichkeit ist, lässt sich in der virtuellen wunderbar erreichen: mit dem Videospiel Fifa, der Playstation und einem Spielgerät namens Controller. Und weil gerade eine echte Europameisterschaft quer über den Kontinent ganz real läuft, hat die Freie Evangelische Kirche in Germering diesen Geist gerne aufgegriffen und eine sogenannte E-Sport-Meisterschaft veranstaltet. 16 Jugendliche hatten sich dafür angemeldet und spielten in einer Germeringer Gaststätte die EM gewissermaßen nach, mit zum Teil anderen Regeln. Europameister darf sich nun Arne Sturm nennen: Der Abiturient aus Alling gewann das Turnier mit seiner Mannschaft, nämlich Frankreich.

Letzteres ist natürlich ein Schönheitsfehler, schließlich ist im wirklichen Sportleben der amtierende Weltmeister schon im Achtelfinale gegen die Schweiz ausgeschieden. Sturm hatte auf Frankreich gesetzt, weil die Équipe Tricolore für ihn die besten Spieler mitgebracht hatte. Und das ist bei Fifa nicht von Nachteil. Jeder konnte sich im Übrigen seine Mannschaft selbst aussuchen. Das musste nicht einmal ein Nationalteam sein.

Die Freiheit der virtuellen Welt führte dann ungewöhnliche Paarungen zusammen. Sturms Frankreich bezwang so im Viertelfinale den FC Liverpool mit 5:2, danach den FC Bayern in der Vorschlussrunde und im Finale jeweils mit einem Tor Unterschied. Dass Bayern trotz Niederlage ins Endspiel kommen konnte, habe eine komplizierte Regel möglich gemacht, nach der man auch trotz Niederlage weitergekommen sei, erklärt der Fifa-Spezialist.

Dass er mit dem Controller so geschickt ist, hat wie bei vielen Jungs seines Alters mit Übung zu tun. Ein, zwei Stunden am Tag verbringe er schon mit diesem Videospiel, räumt der 18-Jährige ein, nur während des Abiturs seien es weniger gewesen.

Ansonsten spielt er lieber Hand-, als Fußball, im Verein beim TSV Germering-Unterpfaffenhofen: "Man muss nicht nur mit dem Fuß etwas können, sondern mit Hand und Fuß. Und das ist schwieriger", begründet er seine Vorliebe. Gleichwohl freut sich der junge Allinger "riesig" über seinen Gewinn, der wieder etwas mit Fußball zu tun hat: Er hat zwei Karten für das EM-Viertelfinale zwischen Belgien und Italien an diesem Freitag in München gewonnen. Er hätte die Karten auch verkaufen können, was aber für ihn nicht in Betracht gekommen sei. Und Deutschland? Über das Ausscheiden gegen England war er schon traurig. Aber Sturm wie auch alle anderen Teilnehmer des Germeringer Fifa-Turniers hatten Löws Team im Grunde offenbar nicht so viel zugetraut: Deutschland spielte dort nämlich gar nicht mit. Keiner hatte Müller, Hummels und Co für sich als Team gewählt.

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SZ vom 02.07.2021
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