Mitten in Germering:Die Lehre vom Aufräumen

Was der Aufruf "Rama dama" mit Feng Shui zu tun hat

Von Erich C. Setzwein

Als Oberbürgermeister Thomas Wimmer vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Oktober 1949 mit der Aufforderung "Rama dama" die Münchner zur Schuttbeseitigung und zum Neuanfang in der zerbombten Stadt aufrief, war man noch um jede ausländische Hilfe dankbar. Die Amerikaner hatten die Deutschen zuerst mit Waffengewalt niedergerungen, sie dann mit Care-Paketen aus ihrem Land wieder aufgepäppelt und sie mehr oder weniger von der Demokratie überzeugt. In einem Land, in dem man wieder frei sagen und schreiben durfte, was man meinte, in einer Stadt, die einmal die der "Bewegung" sein sollte, aber lieber einfach nur München sein wollte, packten die Menschen auf Wimmers Aufruf hin und mit amerikanischen Kalorien an.

Holt heute jemand Menschen zum Ramadama zusammen, dann zieht er meist mit einer Handvoll ehrgeiziger Nachbarn durch die Gemeinde, um in allen dunklen Ecken den dort entsorgten Zivilisationsmüll zu suchen. Ausländische Hilfe oder gar Konzepte sind nicht vonnöten oder gar gewünscht. Ein schlichtes "Rama dama" (für Neubürger: "Räumen tun wir") reicht. Wobei: Ein ähnlich deutliches "Mia san mia" ist zwar bairisch, kann von einem Nichtbayern durchaus als asiatischer Ausdruck empfunden werden. So wie Fürstenfeldbrucker ein dahingeworfenes "Fengshui" als Nieser missverstehen und mit einem "G'sundheit" beantworten würden. Dabei ist die Gesundheit Ziel der chinesischen Lehre von der harmonischen Gestaltung des Lebensumfelds. Beides, nämlich, das Aufräumen daheim und die Asia-Losungen, bringt die Volkshochschule Germering heute beim Montagsforum unters Volk: "Entrümpeln mit Fengshui" nennt sich das und der Vortrag wird wohl glaubhaft vermitteln können: zuerst die Schlacke in den Köpfen beseitigen, den Dreck vom Schreibtisch, den Plunder von der Kommode räumen und sich damit neu einrichten in einer von vielen Altlasten befreiten Welt. Eben das, was der Wimmer Dammerl 1949 vorhatte, als er den Menschen, ohne an eine asiatische Harmonielehre zu denken, zurief: Rama dama!

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