Mitten in Germering:Der Witz vor dem Amen

Die katholische Stadtpfarrkirche führt Glaube und Humor zusammen

Kolumne von Stefan Salger

Die Kirche hat sich jahrtausendelang in aller Welt einen Namen gemacht durch die Verbreitung und Verteidigung des rechten Glaubens und den Bau mächtiger Kathedralen. Viel Raum für Humor blieb darin freilich nicht. Die meisten Päpste der Historie waren ausgemachte Spaßbremsen. Im Mittelalter konnte einen ein Scherz im falschen Moment ins Fegefeuer oder ganz konkret wegen Blasphemie auf den Scheiterhaufen bringen. Gottlob sind die Zeiten der Inquisitionen vorbei. Spätestens seit dem Filmklassiker "Das Leben des Brian" ist klar, dass Glaube und Geistlichkeit ebenso wenig sakrosankt sind wie das politische Establishment.

Im Jahre 2020 Anno Domini gehen lustige Kurzvideos mit und ohne Glaubensbezug mindestens ebenso viral wie das vermaledeite Virus Sars-CoV-2. Legendär etwa das Filmchen, in dem sich ein zahnloser Mittelamerikaner mit gegeltem Seitenscheitel und Schnurrbart in einer Talkshow kaputtlacht. Die Untertitel wurden für Corona angepasst. Botschaft: Jeder vernünftige Latino rüstet sich für die drohende Durststrecke mit Tequila und Tacos. Und die Deutschen? Horten Klopapier. Klooopapieeer! Zum Brüllen! Man muss unwillkürlich mitlachen.

Germerings Stadtkirche mit den katholischen Gemeinden Sankt Cäcilia, Sankt Martin und Sankt Johannes Bosco hat längst die richtigen Schlüsse gezogen aus der Eingebung, dass dem Menschen in Krisenzeiten - jenseits von Händewaschen und Abstandhalten - zwei immaterielle Dinge Halt geben: der Glaube und der Humor. Am besten man hat beides im Angebot. In der Gottesdienstordnung für den 12. bis 19. April geht es über die Öffnungszeiten der Kirchen hinaus denn auch um den Humor in Corona-Zeiten. Galgenhumor sei "ein Stück Freiheit in aller Enge", heißt es in dem Schreiben, das von Pfarrer Andreas Christian Jaster sowie Diakonen, Vikar, Patoralreferent und Diakonatspraktikant unterzeichnet ist. Die Botschaft: Zum Glauben gehören Leid und Trauer ebenso wie Lebensfreude und gute Laune. Weil auch in der Theologie alle Theorie grau ist, wird gleich ein guter "Osterwitz zum Osterlachen" mitgeliefert: Nach der Kreuzigung Jesu kommt Nikodemus zu Josef von Arimathäa und bittet ihn, sein Grab für den toten Jesus zur Verfügung zu stellen. Doch dieser hat nur lauter Ausreden: "Ich brauche das Grab für mich und meine Familie." Darauf Nikodemus: "Jetzt stell dich bloß nicht so an, ist doch nur übers Wochenende." Na bitte. Amen!

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