Mitten in Fürstenfeldbruck:Mit 24 noch in der Grundschule

Im Stadtrat wird das Rätsel um den Namen einer Bildunsgeinrichtung und das Jahr der Gründung gelöst

Kolumne von Stefan Salger

Die coolsten Rabauken saßen in der Schule immer schon ganz hinten im Klassenzimmer. Von dort aus konnten sie am besten die Papierflieger nach vorne segeln lassen oder mit flotten Sprüchen punkten. Manchmal waren sie so weit vom Lehrer entfernt, dass der schlicht vergaß, sie aufzurufen. Auch im modernen politischen Betrieb gibt es solche Hinterbänkler. Jens Streifeneder setzt sich in der BBV-Fraktion im Brucker Stadtrat mittlerweile immer in die zweite Reihe, um seine politische Karriere als Stadtrat langsam ausklingen zu lassen. Gäbe es eine dritte Reihe, säße er gewiss dort. Das hindert ihn aber nicht, sich zu gebotener Zeit mal mit einem fundierten Beitrag, mal mit einem pointierten Scherz zu Wort zu melden - oder spitzbübisch zu sticheln, wenn sich ein junger Stadtratskollege mal wieder gar zu sehr in Rage redet. Bei den Haushaltsberatungen bricht CSU-Fraktionsvorsitzender Andreas Lohde jüngst eine Lanze für die Philipp-Weiß-Schule. Die feiere bekanntlich dieses Jahr ihren Fünfzigsten. Da soll man doch bitteschön nicht knickrig sein und aus dem Stadtsäckel einen Zuschuss von 1500 Euro für die anstehenden Feierlichkeiten locker machen.

Wie bitte? Philipp-Weiß-Schule? 50 Jahre? Das wirkt wie die Zauberformel, die den Geist aus der Flasche entweichen lässt. Jens Streifeneder ist freilich nicht der Dschinn aus 1001 Nacht und erfüllt deshalb keine Wünsche - er wäscht vielmehr Andreas Lohde, seines Zeichens Lehrer, den Kopf. Der Faktencheck kommt spitz und schnell daher wie ein aerodynamischer Papierflieger: Weder gebe es eine Philipp-Weiß-Schule noch eine Schule am Volksfestplatz. Die besagte Schule sei namenlos und liege schlicht an jener Straße. Sie ist also die "Schule an der Philipp-Weiß-Straße". Das war immer schon so. Apropos "immer schon": Warum werde denn jetzt 50-Jähriges gefeiert? Streifeneder hat dort selbst die Schulbank gedrückt, ebenso wie Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) und Walter Schwarz (SPD). Auch Klaus Quinten (BBV) schwört Stein auf Bein, er sei bereits 1954 in die damalige Knabenschule eingeschult worden. Die war bereits 1951 bezogen worden. Erst 1969 freilich wurde sie "Grundschule an der Philipp-Weiß-Straße" getauft. Das mit dem Feiern geht also in Ordnung. Streifeneder hat nebenbei einen Verdacht ausgeräumt. Wäre die Schule wirklich erst vor 50 Jahren gegründet worden, hätte es bedeutet, dass er mit 24 Jahren noch Grundschüler war.

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