Süddeutsche Zeitung

Mitten in Fürstenfeldbruck:Kirschen und SZ im Doppelpack

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Journalisten sind zu eierlegenden Wollmilchsäuen mutiert. Aber dieses Gerücht ist eine Zeitungsente!

Von Stefan Salger

In Bayern genießt die eierlegende Wollmilchsau einen exzellenten Ruf. Das Fabelwesen tanzt auf allen Hochzeiten und ist ein fast so großes Multitalent wie der Heimatminister-und-Finanzminister-und-Seehofererbe-und-Vollblutfranke Markus Söder. Vor seiner Karriere als politischer Tausendsassa war Söder Journalist. Auch in diesem Bereich geht ohne eine ordentliche Portion Multitaskingfähigkeit nichts mehr. Die erfahreneren Kollegen haben früher das Zeitungslayout mit Farbstiften auf Papierbögen gemalt. Texterfasser haben reingefaxte Berichte der Mitarbeiter abgetippt, während Drucker den "Umbruch" in die Hände nahmen - einspaltiger Fließtext wurde säuberlich mit dem Skalpell zerstückelt und mehrspaltig unter die Überschrift des Artikels geklebt. Andere Kollegen rasterten mit Riesenapparaten Fotos. Heutzutage machen all diese Jobs eierlegende Wollmilchsäue: Redakteure würden nicht mehr weit kommen mit Skalpell und Kleber, die Seiten entstehen fix und fertig am Computer. Ganz nebenbei beliefern die Damen und Herren der schreibenden Zunft auch die Online-Ausgabe und füttern neumodische Kreaturen wie Facebook. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch in der modernen Welt jenseits der Redaktionstür: In Schreibwarengeschäften gibt's Postagenturen, in Tankstellen warmes Essen, Blumen und Pakete.

Passanten, die letztens am City-Point vorbeikommen, in dessen Obergeschoss die Brucker SZ-Redaktion logiert, wundern sich deshalb kein bisschen, als sie den "Reiter" sehen, der anpreist, was hier zu haben ist: Süddeutsche Zeitung und fränkische Kirschen, das Kilo für vier Euro. Klingt ja plausibel, den Zeitungen landauf, landab geht's ja nicht so blendend. Warum also nicht in den Redaktionsstuben auch Obst und Gemüse feilbieten? Wir verwehren uns kategorisch gegen so schlecht recherchierte Berichte. Da ist mit uns wirklich nicht gut Kirschen essen. Der "Reiter" gehört dem Kiosk im Erdgeschoss, bei dem in der Tat Zeitung und Kirschen zu haben sind. Wir aber beschränken uns garantiert einzig und allein auf die Zeitungsproduktion! (zumindest bis auf Weiteres)

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Quelle:
SZ vom 21.07.2016
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