Mitten in Fürstenfeldbruck:Heute im Stadtrat

Wenn sich die Mandatsträger nicht quer stellen, können ihre Debatten bald live im Weltraum, in Papua Neuguinea oder der Wüste Gobi verfolgt werden

Von Stefan Salger

Fürstenfeldbruck toppt ganz klar die Öffentlich-Rechtlichen. "Heute im Stadion" heißt die samstägliche Liveübertragung auf Bayern eins, in der zwischen den Fußballarenen hin- und hergeschaltet wird. Die Sendung hat Kultstatus. Bruck lässt die Radiofritzen nun alt aussehen. Denn sofern der Stadtrat am Dienstag grünes Licht gibt, werden fortan an jedem letzten Dienstag im Monat nicht nur die Stimmen der Stadträte in die letzten Winkel der Erde übertragen. Dazu gereicht werden vielmehr via Internet auch Bilder. Dann endlich kann man in der Dschungellodge in Papua Neuguinea, auf der Sanddüne der Wüste Gobi oder auf der Erdumlaufbahn in der Raumstation ISS live Abstimmungen darüber miterleben, ob die Fahrradsicherheitsstreifen in Bruck nun grün oder rot angepinselt werden.

Noch sind nicht alle Stadträte von der Idee überzeugt. Verweigern einige ihre Zustimmung, dann müssten ihre Gesichter bei der Liveschalte wohl zumindest verpixelt und ihre Wortbeiträge ausgeblendet werden. Für den Zuschauer bedeutet das eine Sendepause - aber auch das kennt man von Fußballplätzen: wenn sich alle kollektiv gedulden müssen, bis der Videoschiedsrichter strittige Szenen bewertet hat. Vielleicht ließe sich in Bruck durch passgenaue Werbeeinblendungen das gähnend leere Stadtsäckel auffüllen. Oberbürgermeister Erich Raff wirft schon mal - wenn auch nicht ganz im Ernst - einen Blick voraus: Wär' ja möglich, dass sich der eine oder andere Bürger zur abendlichen Primetime zuschaltet, "um zu schauen, was gerade so im Stadtrat läuft..."

In anderen Städten funktioniert es übrigens recht gut. Weil dort teils sogar Aufzeichnungen erlaubt sind und alle Stadträte mitmachen, lässt sich das auf Youtube gut beobachten. In Zwickau treten Redner vorne ans Pult - was freilich spontane Wortgefechte à la Bruck im Keim erstickt. In Halle an der Saale bleiben alle am Platz, die Kameraeinstellung liefert nur eine fixe Totale. Als Entschädigung für diese Billiglösung dauerte die Sitzung letztens viereinhalb Stunden. So etwas könnte am heimischen PC das Schlafmittel ersetzen.

Die Chancen, dass das Livestream-Projekt die zweijährige Probezeit erfolgreich übersteht, stehen übrigens nicht schlecht. In Zwickau und Halle rufen um die 700 Zuschauer die Sendung einer Sitzung ab. Auch ein Bruchteil davon, der sich in Bruck für eine Liveübertragung erwärmen könnte, wäre ein Erfolg. Zu toppen gilt es den Status Quo. Für die Ausschusssitzung, die über den Livestream entscheidet und anschließend über den Haushalt berät, interessiert sich (in Person des Sportbeiratsvorsitzenden Joachim Mack): ein Zuschauer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: