Mitten in Fürstenfeldbruck:Einmal Glücksfee sein

Mitten in Fürstenfeldbruck: Stadtplaner Daniel Pohl (rechts) überwacht die Ziehung durch SZ-Redakteur Stefan Salger.

Stadtplaner Daniel Pohl (rechts) überwacht die Ziehung durch SZ-Redakteur Stefan Salger.

(Foto: Susanna Reichlmaier/Stadt)

Das hat man davon: Versucht man als Journalist unabhängig zu sein, muss man Lose ziehen

Kolumne von Stefan Salger

Journalisten haben im Lokalen einen kurzen Draht nicht nur zum Leser, sondern auch zu den Politikern, über die sie regelmäßig schreiben. Nicht immer ist das Verhältnis konfliktfrei. Letztens lieferte man sich als Reaktion auf einen kritischen Bericht über den Status quo des Klimaschutzes in der Kreisstadt einen Schlagabtausch per E-Mail mit dem eigentlich recht umgänglichen CSU-Chef Andreas Lohde. Der stand etwas später höchstpersönlich vor dem Schreibtisch in der Redaktionsstube. Man kam in der Sache zwar nicht ganz auf den gleichen Nenner, ging aber erhobenen Hauptes und im Frieden auseinander.

Journalisten können es eben nie allen recht machen. Im Idealfall sind sie Schiedsrichter, die sich - außer im Fall eines Kommentars - einer eigenen Meinung weitgehend enthalten und möglichst alle Seiten zu Wort kommen lassen. Am Mittwoch im Bauausschuss wird gerade das dem Autor dieser Zeilen zum Verhängnis. Da wird eine unabhängige Glücksfee gesucht, die aus dem Kreis der 25 bürgerlichen Bewerber einen Kandidaten und zwei Stellvertreter ziehen soll. Jenes auszulosende Trio soll künftig mitreden dürfen, wenn es um die Gestaltung der Lände und die Auswahl geeigneter Planungsbüros geht.

Plötzlich blickt der Berichterstatter in viele verdächtig grinsende Gesichter. Ihm schwant, dass er gerade in stiller Übereinkunft der Fraktionen dazu auserkoren wurde, aus der bereits nahenden Plexiglas-Lostrommel drei gefaltete Zettel herauszufischen (vielleicht ist dieses Ehrenamt ja die Entschädigung dafür, dass die potenziell spannende Debatte über die Bebauung des Viehmarktplatzes etwas später aus Zeitgründen von der Tagesordnung abgesetzt werden muss).

So also spielt man Schicksal und hat Carolin Danke in der Hand sowie als ihre Stellvertreter Thomas Brückner und Aline Pronnet. Man sonnt sich einen Augenblick in der Illusion, ein Fünkchen des Glanzes bei der Bebauung der Lände könnte auch auf die damalige Glücksfee fallen - und freut sich klammheimlich, für einen Moment die Schiedsrichterkluft ablegen zu können und die Rolle des passiv mitschreibenden Chronisten gleich mit dazu. Aktiv gestalten, das nämlich haben Politiker (und Glücksfeen!) Berichterstattern in der Regel voraus.

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