Mitten in Fürstenfeldbruck:Eine Ära geht zu Ende

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Eine eigene SZ-Ausgabe zum Abschied in den Ruhestand erhält Monika Pfefferkorn von Redaktionsleiter Christian Hufnagel. (Foto: Erich C. Setzwein/oh)

Die Landkreis-SZ verliert ihre wichtigste Stimme. Redaktionsassistentin Monika Pfefferkorn geht in den Ruhestand

kolumne Von Stefan Salger

Ende der Sechzigerjahre war die Welt in Aufruhr, auch in Deutschland gingen die Studenten auf die Barrikaden. Die 68er-Bewegung kämpfte für Emanzipation, Frieden, freie Liebe und gegen kapitalistische Ausbeutung. Die Jugend rebellierte gegen die autoritäre Eltern- und Großelterngeneration, gegen den Muff an den Unis und unter den Richterroben. Da schießen einem spontan Namen wie Rudi Dutschke, Joschka Fischer, Uschi Obermaier oder Moni Pfefferkorn durch den Kopf. Wie bitte? Sie wundern sich über dieses Namensquartett? Das mag daran liegen, dass Monika Pfefferkorn nicht auf Rebellion und große Schlagzeilen setzte, sondern auf eine freundliche Übernahme der Welt - und damit ihrer Zeit weit voraus war.

Die Fürstenfeldbruckerin begann 1968 ihre Lehrzeit bei der Süddeutschen Zeitung. Die junge Frau mit dem Blondschopf segelte geschickt im Windschatten der anderen 68er-Aktivisten und krempelte den gesamten Laden dennoch ordentlich um. Erst warb die geborene Monika Bauer einen Mitarbeiter aus der Buchhaltung ab, dann auch noch dessen Namen. Nach der abgeschlossenen Ausbildung zum "Kaufmann im Zeitungs- und Zeitschriftenwesen" und der Baby- und Kinderpause machte sie vor 31 Jahren nahtlos bei den Fürstenfeldbrucker Neuesten Nachrichten weiter, die unter diesem Eindruck ebenfalls einen anderen Nachnamen annahmen: Fürstenfeldbrucker SZ. Sie prägte dort als Redaktionsassistentin eine Ära, die am Dienstag mit dem letzten Arbeitstag vor dem Ruhestand zu Ende ging. Viele Leser, Politiker und andere wichtige Leute aus dem Landkreis hatten zuerst sie an der Strippe. Nonchalant schaltete sie sich "aus dem Off" in die Redaktionskonferenzen ein, wenn es um Kultur ging oder um Themen mit Lokalkolorit, über die man doch bitteschön mal berichten solle. Es wurde zu einem erheiternden Ritual, in solchen Fällen theatralisch gen Decke zu blicken, den Verlust der Deutungshoheit zu beklagen und sich dann doch der Pfefferkornschen Wortgewalt zu ergeben. Dass sich Joschka und Uschi nur noch selten aus dem Ruhestand melden, lässt sich verkraften. Die Wortmeldungen einer anderen 68erin "aus dem Off" der Redaktionskonferenz aber werden uns fehlen.

© SZ vom 14.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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