Mitten in Fürstenfeldbruck:Die digitale Revolution

In der Stadtpolitik heißt es nicht mehr links gegen rechts. Die Fraktionen unterscheiden sich vielmehr in Nutzer von Laptops und Freunde des Papiers

Von Stefan Salger

Manchmal würde man sich schon wünschen, das Rad wieder zurückdrehen zu können. Wie war es doch schön, als man noch handschriftlich Briefe verfasste, das Papier faltete, eine schöne Briefmarke auf das Kuvert klebte und dieses dann in den Briefkasten warf. Wie schön war es, als dann ein paar Wochen später die Antwort eintraf. Und heute? SMS, E-Mail, Facebook, belangloses Gezwitscher. Sogar der Papierkorb lässt sich heutzutage per Mausklick leeren.

Aber die Leute sind nicht dumm, sie nehmen nicht mehr alles hin, begehren auf. So wie letztens im Brucker Bauausschuss, in dem ein fraktionsübergreifender Sturm der Entrüstung über die Verwaltung hinwegzieht. Im Stadtrat, das muss man wissen, gibt es eine Zweiklassengesellschaft. Hier die Sozis, dort die Schwarzen? Nein, das war gestern. Heute verläuft die Grenzlinie zwischen den digitalen und den analogen Kommunalpolitikern. Die digitalen werden per Papierlos-Zulage (offiziell: Technikzulage") monatlich mit 20 Euro dafür belohnt, dass sie Druck- und Papierkosten sparen, indem sie sich die Sitzungsunterlagen auf den Computer downloaden. Politiker der alten Schule können sich die Dokumente weiter in den Briefkasten werfen lassen. Meinten die Digitalen bislang, viel fortschrittlicher zu sein als die Ewiggestrigen der analogen Opposition, so erhalten sie nun einen ordentlichen Dämpfer: In der Sitzung geht es um die Auflistung von zehn Baugesuchen. Während die Analogen fleißig blättern, bekommen die Digitalen einen roten Kopf. Da sei im elektronischen Rats- und Informationssystem, kurz "Ris", nix zu finden gewesen, beschwert sich Franz Höfelsauer von der CSU. Kopfnicken bei der Papierlos-Zulagen-Empfänger-Fraktion. Die Verwaltung grübelt. Dann wird klar, dass man halt einfach "rechts oben" klicken muss, dann sind sehr wohl alle Anhänge abrufbar. Die Revolution im Ausschuss wird kurzerhand abgeblasen.

Einer kann sich dann doch einen guten Rat nicht verkneifen: "Geht's halt raus aus dem Ris und lasst's euch die Unterlagen wieder zuschicken, sagt SPD-Stadtrat Ulrich Schmetz verschmitzt. Die gute alte Zeit. Damals freilich sprach auch noch niemand über Schonung der Ressourcen und Technik-Pauschalen.

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