Süddeutsche Zeitung

Mitten in Fürstenfeldbruck:Der Traum vom Berufspolitiker

Lesezeit: 1 min

Erst Bundestag, jetzt Landtag. Oder doch wieder Bundestag? Zwei gescheiterte Kandidaten könnten nun schwer in die Bredouille geraten

Kolumne von Peter Bierl

Was kann schöner sein auf Erden, als Politiker zu werden? Reinhard Mey nannte einst drei Vorzüge dieses Jobs: Diäten, Provisionen und Beraterverträge. Den Wechsel auf lukrative Aufsichtsratsposten oder an die Spitze eines Interessenverbandes ließ der Liedermacher aus. Wäre wohl schwierig gewesen, das alles zusammen zu reimen. Hingegen würden Andreas Schwarzer (FDP) und Christian Winklmeier (SPD) solch schnöde materielle Anreize von sich weisen. Von Verantwortung für Deutschland schreibt Winklmeier in einer ziemlich staatstragenden Stellungnahme zu den geplatzten Jamaika-Verhandlungen, Schwarzer sieht sich ohnehin als Politiker fürs große Ganze.

Dieses Pflichtbewusstsein könnte beide in die Bredouille bringen. Die zwei frisch gescheiterten Bundestagskandidaten bewerben sich jeweils um ein Mandat im bayerischen Landtag. Winklmeier wurde für den Wahlkreis Landsberg und Fürstenfeldbruck-West von Amtsinhaber Herbert Kränzlein als Nachfolger auserkoren, Schwarzer tritt im Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost an diesem Dienstag gegen Kreisrat Ulrich Bode an. Was, wenn nun Winklmeier und Schwarzer von ihren Parteien ein Ticket für das Maximilianeum bekommen, aber Neuwahlen in Berlin ausgerufen werden?

Oder ist das eine Win-win-Situation? Wenn nicht Bundestag, dann eben Landtag oder am Ende andersrum. Irgendwie wird der Einstieg ins Berufspolitikerleben schon klappen. Notfalls in Straßburg. Die nächsten Wahlen zum Europaparlament stehen im Sommer 2019 an. Zumal es Synergieeffekte gibt. Schwarzer kann sich mit seiner Parole aus dem Bundestagswahlkampf, "Für Freiheit und Bürgerrechte", um jedes politische Amt der Welt bewerben außer in Nordkorea. Winklmeier ist im Wahlkampf im Sommer einige hundert Kilometer gewandert. Das ist zwar keine politische Qualität, aber besser als sein Slogan, "Anpacken statt granteln", der signalisiert, wie hochflexibel er ist. Nun hat er selbst genörgelt, über eine "führungslose Kanzlerin", und vermutlich gemeint, Angela Merkel habe keine Führungsstärke bewiesen. Was solls. "Und platzt der ganze Schwindel eines Tages, na wenn schon / Dann geh' ich krankheitshalber vorzeitig in Pension", endet Meys Lied.

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Quelle:
SZ vom 21.11.2017
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