Süddeutsche Zeitung

Mitten in Fürstenfeldbruck:Anstehen bei der Schneckenpost

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Wer erwartet Warteschlangen in diesen Augusttagen, wo man fast alle anderen in Urlaub wähnt? Beim Postschalter reicht sie bis in den Vorraum hinein

Von HEIKE A. BATZER

Ist nicht viel los im Landkreis derzeit. Auf den Straßen nicht, in den Geschäften nicht. An den Seen vielleicht noch, wenn's sonnig ist. So eine Ruhe kann ja auch richtig schön sein, kontemplativ gar. Nicht allerorten aber wünscht man sich, dass es gemächlich zugeht. Wer erwartet schon Warteschlangen in diesen Augusttagen, wo man fast alle anderen in Urlaub wähnt?

Wer nicht regelmäßig dorthin muss, ahnt nicht, dass sich alle Daheimgebliebenen vor dem Postschalter treffen. Schon beim Betreten der Hauptpoststelle von Fürstenfeldbruck wird klar: Es wird länger dauern. Die Warteschlange reicht bis in den Vorraum hinein, wo der eilige Kunde das schnelle Bankgeschäft am Automaten erledigen kann. Etwa 15 Personen stehen an, es werden nicht weniger an diesem Nachmittag. Wenn vorne am Schalter einer fertig ist und den Raum verlässt, hat sich hinten längst ein neuer Kunde angestellt.

Es geht nur langsam voran, und der Begriff Schneckenpost erhält unterwartete Aktualität. Vorne über den drei Schaltern hängt eine große Uhr. Die Minuten zerrinnen. Der Briefkasten draußen ist keine Alternative, denn: Wie viel Porto muss drauf auf ein Einwurfeinschreiben? Gelegenheitskunden wissen das nicht. Also, in der Schlange verharren. Man passiert einen kleinen Flatscreen, der als Ticker dient für Weltnachrichten, Olympia-Infos und die Temperatur von Fürstenfeldbruck: 26 Grad. Auch Werbung für Post-Produkte läuft dort, klar. "Ist es eilig?", fragt eine davon. Hach, wie unfreiwillig komisch in diesen Wartezeiten. Die Post empfiehlt ihren Express-Easy-Service. Muss man dafür etwa nicht anstehen?

Nach langen 25 Minuten Lebenszeit ist es so weit, der Schalter ist erreicht, der Brief abgegeben. "Gute, alte Post", möchte man dem vermeintlichen Dienstleistungsunternehmen zurufen, wann kommst du im Jahr 2016 an?

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Quelle:
SZ vom 22.08.2016
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