Süddeutsche Zeitung

Mitten in Eichenau:Auktion in Fünferschritten

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Bürgermeister Peter Münster bringt seinen Bürgern die amerikanische Art der Versteigerung nahe - für einen guten Zweck

Kolumne von Erich C. Setzwein

Wenn jemand anfängt, das Familiensilber zu verscherbeln, dann sollte sich die Verwandtschaft vielleicht Sorgen machen. Nun, so weit ist es in Eichenau noch nicht, und auch keiner aus dem Umfeld von Bürgermeister Peter Münster muss sich Gedanken um dessen Geisteszustand machen, nur weil er an einem einzigen Abend gleich zwei Kunstwerke verschnalzt hat. Wenn er so etwas macht, dann mit Bedacht und Kalkül. Münster hat bei seinem vierten Neujahrsempfang für Ehrenamtliche in Eichenau mit einer amerikanischen Versteigerung Geld für das Projekt "1000 Schulen für unsere Welt" erlöst. 550 Euro kamen für eine Suokaite und einen Helmer zusammen. Wie immer, wenn es etwas Neues gibt, das vorher so noch niemand gemacht hat, ist die Reaktion des Publikums zunächst verhalten. So dauert es eine Weile, bis nach der Erläuterung Münsters, wie eine amerikanische Auktion ablaufe, die ersten der 190 Gäste in der Friesenhalle ihre Gebote abgeben.

Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn bei der Auktion in Fünf-Euro-Schritten, gibt jeder Bietende seine fünf Euro in einen Topf. So wandert ein Schein zum vorherigen, der Topf füllt sich und je länger die Auktion läuft, desto mutiger werden die Bieter. Die Assistentin des Bürgermeisters eilt derweil von einer Ecke des Saales in die andere und wieder zurück, um die Fünfer einzusammeln. Münster scheint alles im Blick zu haben, schließlich muss er wissen, wer die letzte Fünf-Euro-Note gegeben hat, wenn er mit: "Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten", die Auktion beendet. Die Künstler Ingryd Suokaite und Roland Helmer haben je zwei ihrer Werke der konstruktiv-konkreten Malerei für den guten Zweck gestiftet, und Münster müht sich redlich, auch den Helmer teuer unters Volk zu bringen. Ob es das Bild ist oder die pure Lust am Zocken, ist nicht ganz auszumachen ob des Lärms, den das Publikum macht. Jedenfalls wird munterer gesteigert als zuvor. "Bei nächster Gelegenheit" will der Bürgermeister in einer weiteren Auktion die beiden anderen Werke ebenfalls "amerikanisch" versteigern. Da geht dann sicher noch mehr.

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Quelle:
SZ vom 15.01.2020
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