Mitten im Landkreis:Ausgangssperre für Flüchtlinge

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Eine Landkreisbürgerin fühlt sich im Einkaufszentrum vom herumsitzenden Flüchtlingen belästigt - und hat eine spezielle Idee

Von Stefan Salger

Ein Blick rüber nach Hellabrunn zeigt, dass es ja gehen würde, wenn denn ein Fünkchen guter Wille da wäre: Die ganz wilden Tiere vom Schlage eines Löwen oder Tigers oder einer Giftschlange müssen dort im Zoo natürlich rund um die Uhr hinter Gittern oder dicken Glasscheiben ausharren. Aber ein paar, die einen nicht sofort beißen oder niedertrampeln würden, dürfen dem gewogenen Zoobesucher ziemlich nahe kommen. Manchmal trennt den Betrachter und die exotischen Betrachteten tagsüber also nur ein dürrer Elektrodraht oder ein läppisch kleiner Wassergraben - den man mit einem beherzten Sprung problemlos überwinden könnte. Gleichwohl müssen auch die lediglich halbwilden und mindergefährlichen Tiere wie Büffel, Elefant oder Nashorn abends wieder hinter Schloss und Riegel in ihre Stall oder Käfig. Nicht dass doch mal jemand ausbüxt und Unsinn macht. Ordnung muss sein. Man weiß ja nie.

Dass es also passende Konzepte bereits gibt, das muss einer Frau bewusst gewesen sein, die sich jüngst hilfesuchend an die Verwaltung einer Stadt im Osten des Landkreises wendete: In einer Einkaufspassage lungerten regelmäßig Menschen herum, bei denen es sich ganz offenbar um Flüchtlinge handle. Die Frau und weitere Familienmitglieder fühlen sich belästigt. Schon richtig: passiert ist noch nichts. Aber man weiß ja nie. Den Lösungsvorschlag liefert die Frau gleich mit: Die Stadt möge doch eine Ausgangssperre für Asylbewerber verhängen - von 22 bis 6 Uhr. Tolle Idee eigentlich, die Flüchtlinge nach Anbruch der Dunkelheit hinter Schloss und Riegel zu bringen. Die Frau aus der Verwaltung, selbst Mitglied in einem Asylhelferkreis, traut zunächst ihren Ohren nicht. Dann bietet sie ihrer Gesprächspartnerin an, doch mal mitzugehen in die Flüchtlingsunterkunft und sich selbst ein Bild zu machen von den angeblich so gefährlichen Menschen dort. Lieber nicht, sagt die Frau. Über einen kleinen Wassergraben will sie nicht springen. Auch nicht über den eigenen Schatten. Und beherzt schon gar nicht.

© SZ vom 30.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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