Mittelschule Maisach:Lernen im Schlagzeug-Rhythmus

Band-Klasse Maisach

An der Mittelschule Maisach gibt es seit diesem Schuljahr eine Bandklasse. Hinter dem Projekt steckt die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

(Foto: Günther Reger)

An sechs Mittel- und Realschulen im Landkreis gibt es Musik-Klassen. Die Schüler lernen nicht nur Instrumente, sondern vor allem Zusammenhalt.

Von Viktoria Großmann

Sechs Schlagzeuger, sechs Keyboards, fünf Gitarren und drei Sängerinnen: Das ergibt eine ziemlich große Big Band. Oder eine Band-Klasse. Wenn die 20 zehn- und elfjährigen Kinder den Oktoberfest-Evergreen "Fliegerlied" spielen, dann klingt das schon sehr nach großem Auftritt. Dabei proben sie erst seit diesem Schuljahr gemeinsam. Die fünfte Klasse ist die erste Band-Klasse an der Mittelschule Maisach. Hinter dem Projekt stecken die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ein kleines bisschen das bayerische Kultusministerium, welches das Konzept mitentwickelt hat und dazu die Sparkasse im Landkreis als Geldgeber.

"Die haben uns einfach angerufen", sagt Corinna Niedring, die Schulleiterin. "Und wir haben sofort ja gesagt." Nun haben die Schüler in der gebundenen Ganztagsklasse zwei Stunden zusätzlichen Musikunterricht. Dabei lernen sie nicht nur ein Instrument oder bilden ihre Stimme. Sie lernen Zusammenhalt, sich aufeinander einzustellen, sich zu konzentrieren - und sie bekommen Selbstbewusstsein. Das ist laut Niedring bei vielen Mittelschülern erst einmal im Keller. "Ihre Freunde sind aufs Gymnasium oder an die Realschule gekommen und sie selbst haben das nicht geschafft." So können schon Zehnjährige demotiviert sein. Die Kinder in der Band-Klasse jedoch, sagt Niedring, seien stolz auf das, was sie gemeinsam erreichen können.

Damit beobachtet Niedring genau das, was sich der Musikpädagoge Wolfgang Pfeiffer und seine Kollegin Marta Urbanke in Nürnberg erhoffen. "Die Kinder lernen, dass es etwas bringt, regelmäßig zu üben", sagt Urbanke. Das übertragen sie auch auf andere Fächer. Das Projekt mit dem Namen "Klasse im Puls" konzentriert sich auf Real- und Mittelschulen. "Die musikalische Bildung ist an diesen Schulen nicht so intensiv wie an Gymnasien", sagt Urbanke. Gleichzeitig gibt es an diesen Schulen häufig mehr soziale Spannungen. Pfeiffer berichtet von Problemschulen in Nürnberg, an denen es nach Einführung der Musik-Klassen deutlich friedlicher zugehe. Begonnen hat das Projekt 2009 zunächst in Franken. Mittlerweile gibt es 180 solcher Klassen an 145 Schulen bayernweit. Darunter viele Chorklassen, einige Band- und Bläserklassen, aber auch eine Akkordeonklasse.

Im Landkreis bieten, so zählt Urbanke auf, neben Maisach fünf weitere Schulen solche Musik-Klassen an: Band-Klassen haben die Realschule Puchheim und die Mittelschulen in Germering und Olching, Bläser-Klassen die Ferdinand-von-Miller-Realschule in Fürstenfeldbruck und der Realschule Unterpfaffenhofen: Jana Hillmann leitet diese Klasse im zweiten Jahr. Ihre Schüler spielen Tuba, Waldhorn, Posaune, Eufonium, Saxofon und Querflöte. "Die Eltern sind begeistert", sagt die Lehrerin. "Sie sagen, es sei hier ein bisschen wie an einer Privatschule."

Auch an der Realschule Unterpfaffenhofen ist die Bläserklasse zugleich die Ganztagsklasse. Der gebundene Ganztagsunterricht erfordert ohnehin zusätzliche Projektstunden. "Wir wollten auch etwas fürs Herz und für die Persönlichkeit anbieten", sagt Schulleiter Christoph Breuer. Unterstützt wird die Schule nicht nur von begeisterten Eltern, sondern auch vom Sinfonischen Blasorchester Germering und der Kreismusikschule. Diese übernimmt den Instrumentalunterricht. Das Orchester zeigte den Fünftklässlern die Instrumente.

"Jedes Kind darf alles ausprobieren", erklärt Jana Hillmann. So wird vermieden, dass ein Kind ein Instrument erlernt, dass es nicht ausstehen kann. Ein bisschen Beratung muss aber sein. Wichtig sei letztlich, dass jedes Kind bei Null anfängt, alle sind also zunächst in derselben Lage. Was dann folgt ist aber kein klassischer Instrumentalunterricht von Grund auf, erklärt Musikpädagoge Pfeiffer: "Das Ziel ist, Musik zu machen." Es werden also nicht mühselig Tonleitern gelernt, sondern immer die Griffe, die für ein bestimmtes Lied gerade notwendig sind. So stellt sich schneller ein Erfolgserlebnis ein - und nur so können die Kinder auch schnell gemeinsam spielen.

Oder sogar auftreten. Denn die Instrumente sind teuer und mit kleinen Konzerten lässt sich Geld sammeln. Auch wenn die Sparkasse der Maisacher Mittelschule 4000 Euro gespendet hat, deckt das oft nicht alle Kosten. Auch Notenmaterial, Notenständer und Versicherungen müssen bezahlt werden. Das Engagement der Lehrer, Eltern und Kinder ist von den Projektleitern in Nürnberg ebenfalls erwünscht. Auch das stärkt schließlich den Sinn für gemeinsame Verantwortung. Dafür werden die Lehrer auf dem neuesten Stand der Unterrichtsmethoden gehalten und regelmäßig zu Fortbildungen eingeladen.

Die Musik-Klassen sind auf zwei Jahre jeweils für die fünfte und sechste Klasse angelegt. Realschulleiter Breuer überlegt, in Unterpfaffenhofen danach einen Wahlunterricht in Orchesterstunden am Nachmittag anzubieten. Die Schulen müssen ihre eigenen Lösungen finden. "Klasse im Puls" geht es vor allem um einen guten Start an Real- und Mittelschule. Im nächsten Jahr wird eine neue Bläserklasse in Unterpfaffenhofen anfangen. Nach drei bis vier Jahren werden die Schulen von der Uni Nürnberg zertifiziert. Inoffiziell sind sie das natürlich schon: als "Privatschule Unterpfaffenhofen".

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