30 Millionen Euro teurer:Millionengrab Offizierschule

30 Millionen Euro teurer: Wehrbeauftragter Hans-Peter Bartels (SPD, rechts) besucht im Mai 2016 den Fliegerhorst. Links der damalige Kommandeur Bernhardt Schlaak.

Wehrbeauftragter Hans-Peter Bartels (SPD, rechts) besucht im Mai 2016 den Fliegerhorst. Links der damalige Kommandeur Bernhardt Schlaak.

(Foto: OSLw/Luftwaffe)

Der Bericht des Wehrbeauftragten und die Kostenexplosion beim Neubau der Luftwaffe in Roth bestärken die Zweifel an der Aufgabe des Fliegerhorstes. Kommunalpolitiker fordern, die Entscheidung zu revidieren

Von Gerhard Eisenkolbund Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Umzug der Brucker Offizierschule nach Roth wird teurer als angenommen. Die Luftwaffe korrigierte am Mittwoch die geschätzten Kosten von 144 Millionen Euro auf 178 Millionen Euro nach oben. Am Umzug soll aber nicht gerüttelt werden. Daran ändert auch die Kritik des Wehrbeauftragten nichts, der noch von 144 Millionen Euro ausgeht: In seinem Jahresbericht fordert Hans-Peter Bartels, das Projekt auf den Prüfstand zu stellen und einer "eingehenden Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen". Zudem deutet der SPD-Politiker an, dass man die für Tiger-Kampfhubschrauber vorgesehenen Hallen in Roth noch brauchen könnte: Damit dürfte er auf die sich verändernde globale Sicherheitslage anspielen.

CSU-Fraktionssprecher Andreas Lohde begrüßt den Vorstoß des Wehrbeauftragten. Dass die Kritik Bartels' viel bewirkt, bezweifelt Lohde. Bestärkt wird er darin am Mittwoch von Luftwaffensprecher Jörg Langer. Der Oberstleutnant war 1982 selbst Offizierschüler in Bruck und war dort von 1986 bis 1992 stationiert. "Ich kenne den Fliegerhorst sehr gut", sagt er. Bei aller Sympathie aber sei die Lage unverändert: "Der Zug ist doch schon am Fahren", sagt Langer, "bereits Mitte dieses Jahres soll mit dem Bau der Unterkunftsgebäude in Roth begonnen werden." Wird also der Bericht des Wehrbeauftragten einfach ignoriert? "Nein", beteuert Langer, grundsätzlich werde der gelesen und Bedenken würden immer ernst genommen. Bislang aber habe sich am Sachstand nichts geändert, auch wenn er "über mögliche Auswirkungen" nichts sagen könne. Gleichwohl hat die Bundeswehr mittlerweile die Kosten für den Neubau in Roth nach oben korrigiert. Dieser Punkt dürfte beim Neujahrsempfang der Luftwaffe in der Brucker Kaserne an diesem Donnerstag ein Thema sein. Bartels hatte die Kosten des Umzugs auf 144 Millionen Euro beziffert.

Die Bundeswehr geht nun sogar von 178 Millionen Euro aus für neue Gebäude und die erforderliche Infrastruktur. Das Presseinformationszentrum der Luftwaffe räumt immerhin ein, dass "der bauliche Bedarf am Standort Roth derzeit der laufenden Prüfung durch den Rechnungshof unterliegt". Gerechnet hat der frühere BBV-Stadtrat Klaus Zieglmeier schon vor Jahren. Gemeinsam mit Stadträten war er damals zum Schluss gekommen, dass sich die angeblich so marode Offizierschule mit einem überschaubaren Aufwand wieder flottmachen ließe - offiziell wurde die Sanierung auf 80 bis 100 Millionen Euro veranschlagt. 2012 hatte Zieglmeier die Stadt für eine Petition gewonnen. Der Appell an den damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière, den Abzug von der "Wiege der Luftwaffe" zu überdenken, hatte nichts bewirkt. In der Petition war davor gewarnt worden, einen angesichts der "Europäisierung der Streitkräfte" sehr attraktiven Standort ohne Not aufzugeben.

Der amtierende Zweite Bürgermeister von Fürstenfeldbruck, Erich Raff (CSU), bezeichnete es als nicht nachvollziehbar umzuziehen und so viel Geld in den Sand zu setzen. Es sei "ein Wahnsinn", die Gebäude der Offizierschule in Fürstenfeldbruck zu räumen. Trotzdem glaubt Raff nicht, dass die Entscheidung rückgängig gemacht wird. Deshalb will er von sich aus nicht die Initiative ergreifen und einen weiteren Brief aus dem Rathaus ans Verteidigungsministerium schreiben. Sollte der Stadtrat das wünschen, tue er es gerne.

"Schön wär's", erklärte denn auch Landrat Thomas Karmasin am Mittwoch auf SZ-Anfrage. Er sei schon immer über die Berechnungen erstaunt gewesen, dass es billiger sein sollte, etwas Neues zu bauen, als in Fürstenfeldbruck zu sanieren. Sollte die Offizierschule bleiben, würde ihn das glücklich machen, beteuerte der Landrat. Schließlich sei wiederholt versucht worden, noch etwas zu retten. Die Bundestagswahlkreisabgeordnete Gerda Hasselfeldt (CSU) habe jedoch immer wieder betont, dass nichts zu machen sei.

Als einer der wenigen Stadträte, die sich für den Erhalt einsetzten, empfinde er nun Genugtuung, sagte Klaus Wollenberg (FDP). Der um 100 Millionen Euro teurere Umzug - Raff spricht sogar von einer Differenz von 150 Millionen Euro - sei ein Paradebeispiel für die Verschwendung öffentlicher Mittel. Hasselfeldt und der Landtagsabgeordnete Reinhold Bocklet hätten den Deal eingefädelt. Beide sollten sich laut Wollenberg nun rechtfertigen. Die Vorlage des Wehrbeauftragten ist für den Liberalen nicht mehr als ein "festerer Strohhalm". Trotzdem sollte versucht werden, die Entscheidung zu revidieren.

"Was in dem Bericht des Wehrbeauftragten steht, "ist die reine Wahrheit", bestätigte Reinhold Bocklet. Um zu ergänzen: "Das haben wir immer gesagt". Der CSU-Landtagsabgeordnete bedauerte, dass der Wehrbeauftragte und die Verantwortlichen in Berlin nicht früher zu der Erkenntnis gekommen seien. Er würde es begrüßen, wenn die Entscheidung revidiert werden könnte, so der Abgeordnete.

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