Mein Tag:Kämpferin für die Inklusion

Manuela Brehmer

Ministerpräsident Markus Söder zeichnet Manuela Brehmer aus.

(Foto: oh)

Manuela Brehmer vom Ministerpräsidenten geehrt

Von Julia Bergmann

Vor 42 Jahren war die Welt noch eine andere. Der Arzt, der Manuela Brehmers Mutter mitteilte, dass ihr Sohn mit Down-Syndrom auf die Welt gekommen war, hat sich vermutlich nicht viel dabei gedacht, als er ihr riet, sie solle den Buben in ein Heim geben. "Aber für uns war klar, dass der Patrick mit nach Hause geht und wir alles für ihn tun", erzählt Brehmer. Von diesem Tag an, sie war 15 Jahre alt, hat Brehmer () sich für ihren Bruder eingesetzt. Als er in einen integrativen Kindergarten ging, hat sie dort volontiert und sich in dem 1987 noch als Selbsthilfegruppe eingerichteten "Kreis Eltern behinderter Kinder Olching" (EbK) engagiert. Von der offiziellen Gründung des gleichnamigen Vereins 1996 an war sie Schriftführerin, von 2010 an Vorsitzende. Für die Jahrzehnte, die Brehmer dieser Aufgabe gewidmet hat, erhielt sie das Ehrenzeichen des bayerischen Ministerpräsidenten.

"Für mich war das völlig überraschend", sagt Brehmer, die fast 600 Stunden im Jahr ehrenamtliche Arbeit in den Verein investiert. Zuerst hatte sie angenommen, ihr Vater, selbst Träger des Ehrenzeichens, habe sie vorgeschlagen. "Engagement gehört für uns in der Familie dazu. Wir sind so aufgewachsen", sagt Brehmer. Auch ihr Vater war lange Zeit Vorsitzender des EbK. Vorgeschlagen hatten sie aber ihre Kollegen aus dem Vorstand, ohne die, wie Brehmer betont, sie ihre Arbeit im Verein nie hätte stemmen können. Immerhin füllen ihre Verdienste eine eng beschriebene DIN A 4-Seite.

Schon 1997 hatte Brehmer im Verein den Familienentlastenden Dienst etabliert. Ein Angebot, bei dem ehrenamtliche Helfer Familien mit behinderten Kindern in verschiedenen Lebenslagen unterstützen. Außerdem erweiterte die 56-Jährige die Angebote des Vereins kontinuierlich. Mittlerweile gibt es viele verschiedene inklusive Sportgruppen, eine inklusive Ausgehgruppe und eine inklusive Disco. 2005 stieß Brehmer die Gründung von Special Olympics Bayern mit dem EbK als Gründungsmitglied an. Heute ist die gelernte Architektin dort hauptberuflich Geschäftsstellenleiterin.

Der Weg dahin war ein langer, für Brehmer stand aber immer fest, dass sie ihn gehen musste. "Es gibt so viele, die davon reden, was man tun sollte. Ich mache es einfach", sagt sie. Und geändert hat sich in den vergangenen 40 Jahren vieles. Die Akzeptanz für Menschen mit Behinderung hat zugenommen, die meisten Passanten starren nicht mehr, wenn sie etwa mit ihrem Bruder unterwegs ist und auch in puncto Barrierefreiheit hat sich einiges getan. Nur noch nicht genug, wie Brehmer findet. Es brauche mehr als nur Rampen für Menschen mit Rollstuhl. Etwa Internetseiten in leichter Sprache, um nur einen von vielen Punkten zu nennen. "Das ist etwas, wo wir uns im Verein an der eigenen Nase fassen müssen", sagt sie. Es wird wohl eines der Projekte sein, die Manuela Brehmer als nächstes angehen wird.

Die Aula des Carl-Spitzweg-Gymnasiums ist auf gefühlte, wohlig warme 20 Grad temperiert. Die rund 150 anwesenden Menschen lauschen vorerst den Worten des Physik- und Mathelehrers Wolfgang Dirr. Doch der Hauptdarsteller dieses Abends ist der Mann, der neben ihm steht: Robert Schwarz, gekleidet in eine Extremwetter-Arctic-Montur. Dirr erzählt, dass Schwarz schon damals, als er noch den Physik Leistungskurs bei ihm besucht habe, einen Hang zum Abenteuer hatte. Dennoch hätte er nie geahnt, dass er einmal der Mensch sein wird, der die längste Zeit am Südpol gelebt haben wird. Darüber hinaus freut es ihn, wie viele bekannte Gesichter er in den ersten Reihen sitzen und gespannt auf den Vortrag ihres früheren Klassenkameraden warten. Inzwischen hat sich Schwarz seines Expeditionsanzug entledigt. "Langsam wird es ganz schön heiß hier drinnen," sagt er und entledigt sich in kürzester Zeit Schicht um Schicht der Spezialkleidung. Kein Wunder: Fünf Sommer und 14 Winter habe er bereits Zeit gehabt, am Südpol zu üben, sagt Schwarz. Jahresdurchschnittstemperatur: -49 Grad. Da kann einem im heimischen Winter schon mal warm werden. Seit 1996 forscht Schwarz bereits an der Amundsen-Scott-Forschungsstation nach der Entstehung des Universums. "Die Station ähnelt einer Highschool aus den siebziger Jahren", beschreibt der 48-jährige Wissenschaftler das Innere der Gebäude, die im arktischen Sommer 2005/2006 völlig neu errichtet wurden. Zwölf Jahre habe es gedauert, bis die Einrichtung, die 150 Millionen US-Dollar gekostet haben soll, fertig war. Optimal sei sie dennoch nicht, sagt Schwarz. Wegen der arktischen Stürme habe man sie auf Stelzen errichtet, damit der Schnee unter ihr hindurch fegen kann. Das funktioniere aber nicht wirklich. "Kein Wunder, dass das so ist, denn der billigste Anbieter bekommt den Job," sagt Schwarz. Das sei letztlich ein Architektenbüro aus Hawaii gewesen, wo man etwas andere Temperaturen gewöhnt ist. Humorvoll berichtet er auch von beschwerlichen, oft von Wartezeiten geprägten Anreisen und peniblen Sicherheitskontrollen, die an den Nerven zerrten. Vor allem, wenn man sich danach in dem Militärfrachtflugzeug, Typ Lockheed C-130, direkt neben einer großen Kiste mit Dynamit wiederfinde. Er habe aber auch schon einmal neben einem Helikopter gesessen. Oder neben einer mehrere Kubikmeter großen Kiste "Freshies", so nennen die Forscher und Helfer Obst und Gemüse für die Station, die nach monatelangem Essen von Dosenkost oder Tiefgekühltem äußerst beliebt seien. Hungern müssen die Wissenschaftler auf keinen Fall. "Das Essen würde im Ernstfall für zwei Jahre reichen", sagt Schwarz. Das sei auch bei der Größe des Kühlraumes kein Wunder. Der Forscher bezeichnet die Lagerhalle als "größten Gefrierschrank der Welt", der zudem absolut ökologisch arbeite. Energie, um ihn zu betreiben, sei nicht nötig. Anders verhält es sich mit den eigentlichen Kühlschränken, in denen besagte "Freshies" gelagert werden. Diese müssen mit Strom, der durch Kerosingeneratoren produziert wird, beheizt werden. Diese Generatoren gelten für Schwarz und seine Kollegen als Lebensversicherung. Deswegen seien auch die Mechatroniker, neben den Ärzten, die wichtigsten Personen auf der Station. Neben der wissenschaftlichen Arbeit und dem aufwendigen Alltag auf der Forschungsstation bleibt aber auch Zeit für Unterhaltung. Wobei sich die Wissenschaftler ihrer außergewöhnlichen Stellung bewusst sind: Zum "Club 300" gehöre man, wenn die Außentemperatur minus 100 Grad Fahrenheit (-37 Grad Celsius) beträgt, man einen Saunagang mit 200 Grad Fahrenheit heißer Luft (93 Grad) absolviert und dann einmal nackt um den Geografischen Südpol rennt und dabei alle 24 Zeitzonen passiert.

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