Mein Tag:Im Schlafsack bei minus 15 Grad

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Seine Ausrüstung im eigenen Garten testen, das wollte Matthias Bläse - und löste damit einen Polizeieinsatz aus. (Foto: oh)

Mit Übernachtung im Garten löst Matthias Bläse Polizeieinsatz aus

Von Erich C. Setzwein

Er hätte durchschlafen können, meint Matthias Bläse (). Doch schon zweieinhalb Stunden, nachdem sich der 45-Jährige in seinen Schlafsack gehüllt auf eine Isomatte in seinem Garten gelegt hatte, ist er am Samstagmorgen um 2.30 Uhr von einer Streife der Polizei Olching geweckt worden. Eine Nachbarin am Watzmannweg im Maisacher Ortsteil Gernlinden hatten im Garten von Bläse eine Person im Schlafsack entdeckt, sich Sorgen gemacht und die Polizei alarmiert. Doch um den, der da eingemummelt in seinem Schlafsack eine Nacht bei minus 15 Grad verbringen wollte, musste sich niemand sorgen. Denn Matthias Bläse wollte nur jene Ausrüstung testen, die er am Donnerstag mit auf ein viertägiges Winterlager eines Münchner Expeditionsausrüsters mitnehmen will.

Wenn Bläse gerade nicht in seinem Garten übernachtet oder in der Natur unterwegs ist, arbeitet der Maschinenbauingenieur bei einem Münchner Autobauer. Dort hat er mit Witterungsextremen nicht zu tun, aber in seiner Freizeit bewegt sich der Gernlindener gerne draußen. Seit seiner Jugend mache er das, habe schon die feuchte Hitze im brasilianischen Amazonasgebiet erlebt und mitteleuropäische Winternächte bei minus 16 Grad.

"Ich bin ein sehr interessierter Outdoormensch", charakterisiert sich der 45-Jährige selbst. Militärische Erfahrungen habe er nicht, er fühlt sich der Bushcraft-Szene zugehörig: "In der Lage zu sein, mit der Natur zu leben und nicht gegen die Natur." Auch reine Survivaltrainings habe er schon absolviert, also solche Schulungen, bei denen die Teilnehmer nur mit dem Allernötigsten ausgestattet sind. Aus diesen Erfahrungen heraus würde er jedem, der im Winter ähnliches wie er versuchen wolle, abraten: "Das ist extrem gefährlich, ohne Equipment draußen zu übernachten." Denn zur Ausrüstung und dem Wissen, was alles für eine Übernachtung im Freien benötigt werde, brauche man auch die richtige mentale Einstellung. Die besten Voraussetzungen, damit diese Art von Camping auch Spaß mache, sei es, gut genährt, nicht alkoholisiert und möglichst nicht von der Arbeit gestresst zu sein.

Doch wie hält Bläse die Minusgrade auf Schnee und ohne Zelt aus? In seinem Garten hat ihm ein guter Synthetikschlafsack genügt - andere bevorzugen Dauenschlafsäcke - und eine isolierende Matte. "Wenn ich ins Winterlager gehe, bevorzuge ich die Doppelschlafsacktechnik", erklärt Bläse, er stecke dafür einen Schlafsack in einen anderen. Damit ließe sich eine Nacht schon aushalten. In der Nacht zum Samstag aber war nach der Unterbrechung durch die Polizei an eine Fortsetzung im frostigen Garten nicht mehr zu denken.

Bläse erinnert sich, dass er durch Hundegebell geweckt worden sei und festgestellt habe, dass sein Hund im Haus anschlug. Die Polizeibeamten hatten an der Wohnungstür geklingelt, um zu überprüfen, wie es dem Unbekannten im Garten ginge. Als Bläse berichtete, dass er selbst dort nur seine Ausrüstung habe testen wollen, um sich auf eine Unternehmung vorzubereiten, habe ein Beamter gescherzt, Bläse sei wohl Polarforscher. Und so fand die Begegnung der Polizisten mit dem Mann, der sich freiwillig in eine lebensfeindliche Umgebung bringt, Eingang in den täglichen Polizeibericht. Dass dort von einer geplanten Polarexpedition die Rede war, kann Bläse nicht nachvollziehen. Sein Expeditionsziel heißt Kronach, das bekanntlich in Oberfranken liegt. Das Wintertreffen in der Effelter Mühle soll mittlerweile Kultcharakter haben.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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