Mein Tag:Bildung im Wandel

Mein Tag: Evi Seidel fand vor 25 Jahren in der Volkshochschule Germering ihren "Traumarbeitsbereich".

Evi Seidel fand vor 25 Jahren in der Volkshochschule Germering ihren "Traumarbeitsbereich".

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Evi Seidel arbeitet seit 25 Jahren bei der Volkshochschule Germering

Von Karl-Wilhelm Götte

Evi Seidel erinnert sich noch gut an ihren ersten Arbeitstag bei der Germeringer Volkshochschule (VHS) vor 25 Jahren. "Die damalige Chefin hatte sich den Arm gebrochen", erzählt Seidel und die Mitarbeiterinnen fragten sich: "Was machen wir jetzt mit der Neuen?" Doch dieses Dilemma habe sich umgehend aufgelöst. Das lag auch an Seidel, die wie sie heute immer noch sagt, bei der VHS ihren "Traumarbeitsbereich" gefunden hatte. Damals war sie 34 Jahre alt gewesen und wohnte mit Familie samt zwei kleinen Töchtern in Vierkirchen im Dachauer Landkreis. Sie nahm vor 25 Jahren einen weiten Anreiseweg nach Germering in Kauf.

Inzwischen hat Evi Seidel zwei Enkelkinder und wohnt heute in Olching. Ihr Einstieg als pädagogische Mitarbeiterin bei der VHS passierte nach ihrem Studium der Sozialpädagogik, das sie über den zweiten Bildungsweg angesteuert hatte. "Mein Studienschwerpunkt war Erwachsenenbildung gewesen", klärt Seidel auf. 2006 wurde ihr vom VHS-Verein die Leitung der Germeringer Einrichtung übertragen. "Die tolle Struktur der VHS habe ich damals von meiner langjährigen Vorgängerin Luise Behm übernommen", sagt sie heute bescheiden. Aus 34 Stunden vereinbarter Arbeitszeit werden schnell mehr. Seit 2015 hat sich aus dem Verein ein siebenköpfiger Aufsichtsrat gebildet. Seidel ist jetzt Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin. "Dadurch ist meine Verantwortung größer geworden", so Seidel. Da kommt ihr schon mal der Begriff "Vermögenshaftung" in den Sinn und die Frage: "Worauf habe ich mich da eingelassen?"

Doch bisher läuft die Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat gut. Bei zwei, drei Sitzungen im Jahr erstattet Seidel Bericht über die Arbeit. Die hat sich erheblich verändert. "Veranstaltungen und Teilnehmerzahl haben sich verdoppelt", berichtet die VHS-Chefin. 360 Referenten und Lehrkräfte sind im Einsatz. Auffällig ist beim Blättern durchs dicke Programm immer wieder, dass es scheinbar unendlich viele Yoga-Kurse gibt. "Es sind wohl 50", zählt Seidel kurz im Kopf durch. Ihre Erklärung: "Die Menschen suchen wohl sehr nach Entspannung. Diesen Trend gibt es schon länger." PC-Kurse sind nicht mehr allgemein, aber bei Senioren gut nachgefragt. "Die bekommen vom Enkel ein Tablett oder Notebook geschenkt, dann kommen sie zu uns." Das gelte auch für Smartphone-Kurse.

Ein VHS-Standbein sind immer noch Fremdsprachenkurse. Da hatte Seidel mal die Befürchtung, dass Internetangebote der VHS den Rang ablaufen könnte. Aber das ist nicht passiert. "Die Menschen wollen sich in einem Sprachkurs begegnen und schätzen den Austausch." Viele andere Kurse musste man aufpeppen. So heißt der Grundkurs Kochen heute "Basic Cooking". Nähkurse sind offenbar aus der Mode. Dafür sind besonders seit 2015 die Deutsch- und Integrationskurse für Flüchtlinge ein großer Schwerpunkt. 67 Kurse mit 1000 Teilnehmern fanden 2018 statt. Immer wieder hat nicht nur die Germeringer VHS mit den hohen bürokratischen Anforderungen des Nürnberger Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu kämpfen. Seidel: "Wir fühlen uns extrem kontrolliert, das bindet bei uns viel Arbeitskraft."

Auch das generelle Raumproblem mache sich bei den Deutschkursen besonders bemerkbar. An sieben Orten in Germering unterrichten die Lehrkräfte. Die Geschäftsstelle und drei große Räume befinden sich gegenüber der Stadthalle. Damit beginnt das ganz große Problem für Seidel und die VHS. Der Mietvertrag läuft noch bis 2022, dann soll die sogenannte Harfe abgerissen werden und die Nähe der VHS zur Stadtbibliothek und Stadthalle, die für Seidel ständige Kooperationspartner sind, wäre nicht mehr gegeben. Sie selbst hat dann das Rentenalter noch nicht ganz erreicht. Noch gibt es für 2022 keine Lösung für die VHS. Die Vorstandsvorsitzende bringt immer wieder ein eigenes VHS-Haus ins Gespräch, doch da hält sich die Stadt noch bedeckt.

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