Süddeutsche Zeitung

Mein Tag:Auf den Spuren der Kirchenwacht

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Der Maisacher Archivar Stefan Pfannes lädt zu historischem Ortsrundgang

Von Gerhard Eisenkolb

Stefan Pfannes, Kulturreferent und Archivar der Gemeinde Maisach sowie Betreuer des Kirchenarchivs, ist seit 25 Jahren von der Ortsgeschichte und Geschichten zum Ort gleichermaßen fasziniert. Er macht Kirchenführungen, arbeitet an den "Meisaha"-Heften zur Ortshistorie mit und ist begeistert, die Vergangenheit seines unmittelbaren Lebensumfeldes zu entdecken, seit ihm eine Frau ein Exemplar der 1910 erschienen Rottbacher Chronik schenkte. Damals war der Mitarbeiter der Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf ein 16 Jahre alter Bursche, der noch Mühe hatte, die altdeutsche Schrift zu entziffern. Stefan Pfannes () wollte allerdings mehr über Rottbach wissen als das Wenige, was in der Chronik stand. Deshalb begann er schon als Jugendlicher, die Oma nach der Familiengeschichte zu befragen und später im Pfarrarchiv zu stöbern. Da das Archiv ungeordnet und fast nicht zu benutzen war, kam dem Verwaltungsmitarbeiter sein Ordnungssinn zugute. Er ordnete die Unterlagen und wurde auf diese Weise ehrenamtlicher Pfarrarchivar.

Die Beschäftigung mit der Ortshistorie ist für den Maisacher Kulturreferenten und Gemeinderat kein Selbstzweck. Pfannes blüht auf, wenn er in Gesprächen oder bei Führungen sein Wissen mit anderen teilen kann und die Leute etwas mitnehmen, wenn sie heimgehen, wie er sagt. Da der 41 Jahre alte Junggeselle zudem gerne erzählt, leutselig ist und viel lacht, kann er anderen Geschichte gut vermitteln. Trotzdem betritt die Maisacher CSU Neuland mit dem Angebot, am diesem Freitagabend zu einem Rundgang auf den Spuren der Maisacher Kirchenwächter mit dem Ortsarchivar einzuladen.

Wie in den meisten bayerischen Gemeinden gab es auch in Maisach bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sogenannte Kirchenwächter, die während der Gottesdienste in den fast ausgestorbenen Orten ihre Runden drehten und so für Sicherheit und Ordnung sorgten. Laut Pfannes gab es immer wieder Besucher, die es sich zunutze machen wollten, dass damals fast jeder, der dazu in der Lage war, der Pflicht Genüge tat, den Gottesdienst zu besuchen. Aufgabe der Kirchenwächter war es zu schauen, "was sich im Ort rumtreibt", sagt der Gemeindearchivar. Bei seinen Nachforschungen ist der 41-Jährige noch nicht auf Unterlagen gestoßen, die belegen, dass es während der Gottesdienste zu Diebstählen kam. Aber die Kirchenwächter hatten noch eine zweite wichtige Aufgabe, sie sollten als Feuerwacht rechtzeitig Brände melden. Zu welchen Orten der Maisacher am Freitag die Teilnehmer beim eineinhalbstündigen Rundgang führt, wird vorab nicht verraten. Es soll ja spannend bleiben. Ebenso äußert sich Pfannes nicht zu den "komischen Geschichten", die er zum Besten geben will. Dafür sagt er, dass er sich nicht als Nachtwächter verkleiden wird und auch auf einen Spieß verzichtet, wie ihn Kirchenwächter mitführten. Dafür werden für die Teilnehmer Fackeln bereitgestellt. Der Rundgang endet bei der Maisacher Brauerei. Ob das ein Zufall ist, bleibt offen. Die Einkehr im Bräustüberl gehört jedenfalls nicht mehr zum offiziellen Programm.

"Maisacher Kirchwachtrundgang", Freitag, 3. März, 19 Uhr, Treffpunkt am Rathaus, kostenlos.

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Quelle:
SZ vom 03.03.2017
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