Mammendorf:Zwischen Frust und Einsicht

Landwirte fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Doch sie sehen auch die Notwendigkeit von Veränderungen

Von Ingrid Hügenell, Mammendorf

Wenn es nach Kreisobmann Georg Huber geht, soll jeder Bauer und jede Bäurin auf Stadt- und Gemeinderäte, Landtags-, Bundestags- und Europaabgeordnete zugehen und ihnen die Lage der Landwirtschaft schildern. "Wir müssen jede Gelegenheit nutzen auf die Probleme hinzuweisen", sagte er kürzlich bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des Kreis-Bauernverbands. Huber nannte das Volksbegehren "Rettet die Bienen", den Umgang mit der Blauzungenkrankheit und auch die Düngeverordnung als schwierige Themen. Das Hauptproblem aber ist, dass die Landwirte den Eindruck haben, ihnen fehle der Rückhalt in der Gesellschaft. "Ich kriege den Frust mit", sagte Huber.

Die fundamentale Kritik an den Bauern im Rahmen der Diskussion um Artensterben und Bienen-Volksbegehren hat nicht nur Huber getroffen, wie bei der Versammlung deutlich wurde. Außer Huber beklagten auch sein Stellvertreter Josef Wörle und Kreisbäuerin Karin Sepp sowie einige Bauern, die sich in der Diskussion meldeten, die Lage.

Doch es wächst die Einsicht, dass die Landwirte selbst sich bewegen müssen. Sepp sagte: "Wir werden lernen müssen, uns zu verändern und wir müssen lernen, hinter dem zu stehen, was wir tun." Wenn man authentisch und glaubwürdig sei, bessere sich auch das Image. Die Familie Sepp betreibt einen kleinen Hof mit Milchviehhaltung und Hofladen in Germering. Gegen die Doktrin "Wachsen oder Weichen" des Bauernverbands, nach der sich die Höfe vergrößern oder aufgeben sollten, hat sich ihre Familie erfolgreich gewehrt.

Der Frust rührt auch daher, dass die Bauern sich von der Politik verschaukelt fühlen. Denn laut Huber handeln sie seit Jahrzehnten so, wie es die Politik verlange. Die Landwirtschaft sei über Subventionen zu hundert Prozent politisch gesteuert, sagte er. "Wir haben alles nach Recht und Gesetz getan." Nun aber stünden die Landwirte am Pranger. "Das trifft mich in meinem tiefsten Inneren. Haben wir gesponnen oder haben wir getan, was von uns verlangt wurde?", fragte er. Er sehe aber auch die Notwendigkeit von Änderungen, sagte Huber weiter. "Wir werden uns wandeln müssen. An den bestehenden Strukturen können wir nicht festhalten." Huber sieht viele landwirtschaftliche Betriebe in einem Kampf ums Überleben, ihre Familien weiter ernähren zu können.

Gleichzeitig warnte der Kreisobmann vor Hysterie. Vielmehr sollten die Landwirte auch untereinander mehr reden, ihr eigenes Handeln überdenken und hinterfragen. Vor allem sollten sie nicht überall Kritik wittern. Huber stellt an seinen Berufskollegen wie auch an sich selbst die Tendenz fest, allzu sensibel zu reagieren und auch da Angriffe zu sehen, wo keine sind.

Der Kreisvorstand des Bauernverbands arbeitet an einer Idee des Landwirts Matthias Heitmayr aus Dünzelbach, wie Bauern direkt mit Bürgern ins Gespräch kommen können. Offenbar geht im nahe der Großstadt München gelegenen Landkreis Fürstenfeldbruck vielen Menschen das Verständnis für die Landwirtschaft ab. Nun wollen die Landwirte wieder direkt mit den Leuten ins Gespräch kommen.

Huber wies bei der Versammlung auch darauf hin, dass nicht nur die Verbraucher, sondern vor allem auch die Lebensmittelindustrie großen Einfluss darauf habe, welche Lebensmittel zu welchen Preisen in die Läden kommen - eine Erkenntnis, zu der er bei einer der vielen Veranstaltungen zum Volksbegehren im Gespräch mit Richard Bartels von der Bewegung "Slow Food" gekommen sei, wie er sagte.

Über die CSU ist Huber so verärgert, dass er, wie berichtet, für die Partei nicht für den Kreistag kandidieren will. Und auch auf den Bauernverband ist er nicht gut zu sprechen. Seiner Ansicht nach ist dessen Präsident Walter Heidl am Runden Tisch zum Volksbegehren zu schnell eingeknickt - eine Einschätzung, die viele seiner Kollegen teilen, wie die Wortmeldungen zeigten. Bei aller Kritik am Bauernverband rief der Kreisobmann doch dazu auf, diesen nicht in Frage zu stellen: "Das ist die einzige Berufsvertretung, die wir haben".

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